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Gleih hinter dem Eingang fällt Ihnen eine überdimensionale gewellte russishe
Fahne ins Auge, gefertigt aus weißem und rotem Marmor und blauen Mosaikstein-
en. Hier ruht Boris Jelzin, Russlands erster demokratish gewählter Präsident. An
seinem Grab stehen immer frishe Blumensträuße. Die Fahne würdigt ihn als Neu-
gründer des russishen Nationalstaates. Als Jelzin noh in Amt und Würden war
und über den shwierigen Übergang von der Plan- zur Marktwirtshat präsidierte,
stürzten seine Umfragewerte zeitweilig in den einstelligen Bereih ab. In Teilen der
Moskauer Intelligenz, die gerne auf den Friedhof kommt, weil ihresgleihen und
manhmal auh Verwandte hier bestatet sind, genießt Jelzin immer noh Sympath-
ie.
Neben der Fahne hat Jelzins Gatin, Naina Jelzina, ein Kreuz in die Steine ein-
arbeiten lassen. Ansonsten sind auf dem Friedhof niht allzu viele Kreuze zu sehen.
Das liegt daran, dass die Kommunisten Nowodewitshi nah der Mahtergreifung
zu so etwas wie dem oiziellen Staatsfriedhof der russishen Hauptstadt mahten.
Da sie sih dem Atheismus vershrieben haten und Religion als »Opium für das
Volk« brandmarkten, taugten hristlihe Symbole wie das Kreuz niht länger als
Grabshmuk. Sie wurden durh pompöse Denkmäler und Büsten ersetzt.
Kein Grabmal erzählt dies besser als das des Dihters Nikolaj Gogol (1809-1852).
Seine Büste thront auf einem Sokel aus shwarzem Granit mit der goldenen Ins-
hrit: »Ruhm dem großen russishen Shritsteller. Von der Regierung der Sowje-
tunion.« Datum: der 9. September 1951. Gogol allerdings war mehr als sehs
Jahrzehnte vor der Oktoberrevolution von 1917 gestorben. Wegen vershiedener Gr-
abshändungen in der Stadt hate man ihn in den Dreißigerjahren vom Friedhof des
Danilowskij-Klosters zum Neu-Jungfrauen-Kloster umgebetet. Gogol shrieb kurz
vor seinem Tod: »Seid lebendige, keine toten Seelen. Es gibt dazu keine anderen
Türen als diejenige, die Christus aufzeigt.« Obwohl der in der heutigen Ukraine ge-
borene Dihter religiös war, blieb auh ihm ein Kreuz verwehrt.
Vom ursprünglihen Grab Gogols hat ein Naturstein seinen Weg auf den Friedhof
des Neu-Jungfrauen-Klosters gefunden. Er ziert heute die Ruhestäte Mihail Bul-
gakows (1891-1940), des genialen Autors von »Meister und Margarita«. Bulgakow
verehrte Gogol und hate diesen gebeten, ihn unter »seine eisernen Fitihe« zu neh-
men. Bulgakows Witwe hate zudem kein Geld für einen neuen Grabstein. Arbeiter
am Danilowskij-Friedhof empfahlen ihr, einen Stein von Gogols verlassenem Grab
zu nehmen.
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