Travel Reference
In-Depth Information
verlängert wird. Ein dikes Portemonnaie setzt die Straßenverkehrsordnung allemal
außer Krat.
Die Moskauer hassen ihre Beamten und Polizisten. Wegen der Aussiht auf
Bestehungsgelder sind die an sih shleht bezahlten Jobs dennoh äußerst begehrt.
Einer meiner Lieblingswitze geht so: Wiktor Iwanowitsh hat gerade seinen ersten
Monat bei der Moskauer Verkehrspolizei hinter sih. Sein Vorgesetzter rut ihn ins
Büro und fragt: »Was ist mit Ihnen los? Monatsende, und Sie haben Ihr Gehalt noh
niht in der Buhhaltung abgeholt.« Wiktor Iwanowitsh reißt die Augen auf und
wundert sih: »Was? Gehalt gibt es hier auh noh?« Den Löwenanteil ihrer
Einkünte erzielen Moskauer Verkehrspolizisten durh Handaufhalten oder besser
gesagt durh shlihte Erpressung. Das war shon zu Sowjetzeiten so. Aus einem
Blok mit Zahlungsauforderungen über die Höhe der Strafe rissen sie einen Zetel
heraus, der eingeshühterte Verkehrssünder bot an, die Strafe an Ort und Stelle zu
zahlen, der Polizist stekte das Geld ein und drehte den Zetel dem nähsten Regel-
verletzer an. Um bei möglihen Razzien von Anti-Korruptionseinheiten niht ent-
dekt zu werden, verstekten die Polizisten das Geld hinter Mauervorsprüngen, in
Rohrshähten oder vergruben es unter Büshen.
Heute bedienen sih die Staatsdiener shamloser. Nah einer Umfrage des angese-
henen Meinungsforshungsinstituts Levada wurden 2005 in knapp ahtzig Prozent
der Straßenkontrollen Bestehungsgelder bezahlt. Inzwishen soll die Zahl jedoh et-
was gesunken sein, manhe meinen wegen der ab Januar 2008 drastish erhöhten
Strafen. Das Bußgeld für Fahren auf dem Bürgersteig, eine angesihts des ewigen
Staus niht seltene Verzweilungstat, hat sih verzwanzigfaht. Siherheitsgurte gel-
ten in Russland immer noh als eine Erindung für Memmen oder als Mis-
strauenserklärung gegenüber dem Fahrer. Der Grund dafür ist einfah: Der Russe
hängt niht so am Leben wie der Westmensh. »Eine Prise Fatalismus fährt immer
mit, wenn wir uns ans Steuer setzen«, sagt eine Moskauer Freundin. Der Staat hat
sih letztlih mit dem geringen Stellenwert eines Menshenlebens abgefunden. Kein
Wunder, wurden doh in den Jahren der Stalin'shen Repression Millionen von
Staats wegen in Lager nah Sibirien und damit in den Tod geshikt. Der Staat dul-
det, dass in der Armee jährlih einige Dutzend Rekruten von Oizieren zu Tode
gequält werden. Was soll er sih darum kümmern, wenn einer freiwillig bereit ist,
sein Leben aufs Spiel zu setzen? Fahren ohne Siherheitsgurt war deshalb lange ein
Kavaliersdelikt, die Strafe dafür betrug weniger als drei Euro. Selbst Polizisten, die
Search WWH ::




Custom Search