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Landen Sie am Flughafen Sheremetjewo im Nordwesten der Stadt, kann es
passieren, dass der Weg ins Hotel länger dauert als der Flug von Berlin oder Ham-
burg nah Moskau. Hartnäkig hält sih die Geshihte von der Diplomatengatin,
die entnervt ihr Auto auf einer Kreuzung stehen ließ, weil nihts mehr ging. Würde
das Radio sämtlihe Staus vermelden, bliebe keine Zeit mehr für Nahrihten oder
Musik. Ih persönlih fahre in der Frühe vor dem Stau los und brehe abends erst
nah dem großen Stau nah Hause auf. So kommt es, dass ih morgens um aht
shon am Shreibtish sitze und abends ot erst nah neun Uhr wieder nah Hause
fahre. Eine ideale Situation aus Siht meiner Chefs, aber eine arge Belastung für
meine Familie. Der Weg von meiner Wohnung in der Nähe des Lenin-Prospekts, der
mit dreizehn Kilometern längsten Straße der Stadt, zum Büro dauert an einem
menshenleeren Sonntagmorgen fünfzehn Minuten, in der Rushhour zwishen 18
und 20 Uhr an einem Wohentag werden daraus mitunter zwei Stunden. Immer
dann beneide ih Jurij und Natasha, ein befreundetes Fotografen-Ehepaar. Die
beiden leben antizyklish. Das können sie, weil sie keine Kinder haben und beide
Freiberuler sind. Sie mahen die Naht zum Tage, gehen nah Miternaht bei
Metro einkaufen, der deutshen Großhandelskete, die in Moskau bereits mit einem
Dutzend Filialen Wurzeln geshlagen hat, und um zwei Uhr morgens im Mond-
shein am Moskauluss spazieren. Um vier Uhr in der Frühe legen sie sih shlafen
und stehen um die Mitagszeit auf. »Staus kennen wir nur aus den Erzählungen an-
derer«, freuen sie sih.
Auf Moskaus insgesamt 6000 Kilometer langem Straßennetz bewegen sih die
Autos im Durhshnit mit gerade 25 Stundenkilometern fort, innerhalb des Garten-
ringes, dem innersten Kern des Zentrums, gar nur mit sehzehn Kilometern. Die
Zahl der täglihen Staus ist im vergangenen Jahr von 650 auf 850 angewahsen. Im
Durhshnit verbringt der Moskauer pro Monat zwei volle Tage im Stau, also 48
Stunden. Das maht im Jahr 24 Tage, mehr als drei Wohen verlorene Lebenszeit.
Wer mit siebzig stirbt, hat so von der Wiege bis zur Bahre vier Jahre und 220 Tage
vershwendet - die Zeiten für Shlafen niht mitgerehnet.
Diese ernühternde Statistik sollte Sie keinesfalls abshreken. Im Stau und im
Beobahten des Verkehrs liegt eine große Chance. Sie lernen dabei mehr über die
Moskauer als durh das Lesen von Reiseführern. Shauen Sie nur genau hin!
Auf Ihrem Weg vom Flughafen entdeken Sie am Rand der drei- bis vierspurigen
Ausfallstraßen gigantishe, hromblitzende Autohäuser. Sie sind größer und protzi-
ger als ihre Geshwister in Köln oder Bayreuth - Boten des neuen Wohlstandes.
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