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Nur die Stärksten überleben
Was der Straßenverkehr in der Hauptstadt über
die Moskowiter verrät
Wenn Sie niht gerade mehrere Jahre in Bangkok, Mexico City oder Peking gelebt
haben, erwartet Sie ein Shok, sobald Sie mit dem Taxi den Flughafen in Rihtung
Innenstadt verlassen. Denn in keiner Stadt Europas sind die Staus shlimmer als in
Moskau. Die Zahl der Autos hat sih seit 1990, dem Jahr vor dem Zerfall der Sowje-
tunion, von 900000 auf heute 3,6 Millionen vervierfaht. 1985, als Mihail
Gorbatshow Generalsekretär der Kommunistishen Partei und damit mähtigster
Politiker des Landes wurde, gab es in der Stadt, die damals immerhin shon aht Mil-
lionen Einwohner zählte, gerade mal rund 450000 Privatautos, im Juli 2010 waren es
3,2 Millionen.
Die ökonomishen Kosten des Dauerstaus sind hoh. Angestellte und Arbeiter ver-
lieren niht nur Stunden Lebenszeit, sondern kommen deswegen auh meist shleht
gelaunt und aggressiv zur Arbeit. Zu den wenigen Staugewinnern zählen: Internet-
Start-ups, die Informationen über die aktuelle Lage auf den Straßen auf das Handy
shiken, Straßenverkäufer, die mit Rosen, CDs, Pornoilmen und Zeitungen von
Auto zu Auto ziehen, und Mobilfunkunternehmen. Wer im Stau steht, telefoniert
mehr. Ein Ende der Automanie ist niht in Siht. Täglih kommen 400 Blehkarossen
dazu, und das liegt an Menshen wie Igor, dem Fahrer und Boten in meinem Büro.
Kaum hate ih ihn eingestellt, kaute er sih ein Auto - natürlih auf Pump. Igor
war 27, verdiente im Monat umgerehnet 800 Euro, hate so gut wie keine Ersparnisse
und konnte sih keineswegs siher sein, dass wir ihn nah der Probezeit übernehmen.
Ein fahrbarer Untersatz aber musste trotzdem her: sofort und natürlih ein Neuwa-
gen, und das, obwohl der Weg durh den Morgenstau ins Büro mit der Metro doppelt
so shnell zu shafen ist wie mit dem Auto. Igor kaute sih einen Ford Focus für
umgerehnet 10000 Euro und stotert nun Monat für Monat 200 Euro von seinem
niht gerade üppigen Lohn an die Bank ab. So halten es Zehntausende von
Moskauern. Denn für die wahsende Mitelshiht in der russishen Hauptstadt ist
das Auto ein Statussymbol so wie für die Deutshen in den Zeiten des Wirtshat-
swunders der Fünfziger- und Sehzigerjahre.
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