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Mehr als eine Milliarde Euro waren für einen 612 Meter hohen Wolkenkratzer mit
dem Namen »Rossija«, Russland, eingeplant. Es wäre das höhste Gebäude Europas
und das drithöhste der Welt gewesen. Die Finanzkrise ließ den Turm um einige
Dutzend Stokwerke shrumpfen. Shon jetzt stehen sieben der geplanten fünfzehn
Wolkenkratzer, darunter der »Federazija«, Föderationsturm. Zwei ungleih hohe
Türme, verbunden durh Brüken in der 31. und 44. Etage, gruppieren sih wie zwei
aufgeblähte Segel um einen Mast. Der Entwurf stammt von den Arhitekten Peter
Shweger aus Hamburg und dem Berliner Sergej Tshoban. »Wir wollten etwas
Dramatishes shafen, das die Silhouete der Stadt verändert, und das ist uns
gelungen«, sagt Tshoban.
Das »Manhatan an der Moskwa«, wie der Spiegel 2008 eine Titelgeshihte über-
shrieb, wird von Menshen wie Bayram Agdam errihtet. Der Mann aus Ankara
gehört als Shweißer zur Internationale der türkishen Gastarbeiter, allerdings zur
Aristokratie. Shon sein Vater hat sih in einem deutshen Stahlwerk verdingt. Ag-
dam selbst aber, der einige Semester auf Ingenieur studiert hat, arbeitet seit Jahren
lieber in Russland. »Da verdiene ih mehr als in Deutshland«, erklärt der
40-Jährige. Umgerehnet knapp 3000 Euro erhält er im Monat.
Den Moskauluss im Rüken und vor sih die größte Baustelle Europas, grillt er
am Abend Lammleish. Mit einem Vorarbeiterkollegen wohnt er in einem aht
uadratmeter großen Container: zwei Beten, zwei Stühle, ein Tish. »Aber es lohnt
sih«, sagt er.
In einem anderen, nur wenig größeren Container drängen sih die ahtzehn
Arbeiter seiner Brigade. Sie kommen aus Tadshikistan und Usbekistan, den Ar-
menhäusern unter den Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Hamdam Kamalow
stammt aus der Nähe der usbekishen Hauptstadt Tashkent. Er hat krumme Beine,
eine Hasensharte und ein fröhlihes Lahen. Um seine neunköpige Familie in der
Heimat zu versorgen, kloppt der 26-Jährige so viele Überstunden, wie er kriegen
kann. Im Durhshnit verdient er umgerehnet rund 400 Euro pro Monat. »Dazu
brauhe ih in Usbekistan ein halbes Jahr«, seufzt er. »Meistens aber gibt es dort
überhaupt keine Arbeit.«
Wenn er sih nur niht mit der korrupten und rassistishen Polizei rumshlagen
müsste. Für seinen Abshnit der Baustelle sind drei Staatsbeamte zuständig. Jeden
Tag kassieren sie Dutzende Arbeiter ab, auh wenn deren Papiere in Ordnung sind.
Das Geld steken sie in die eigene Tashe. Dort hundert Rubel, drei Euro, dort zwei-
hundert, sehs Euro. Irgendetwas inden sie immer, oder sie drohen damit, die
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