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steigenden Zahl der in Moskau lebenden Deutshen planten die Shulträger eine Er-
weiterung. Die Shule beindet sih auf gleihsam exterritorialem Gelände, das die
Stadt noh zu Sowjetzeiten an die damalige DDR übergeben hate. Für die Bau-
genehmigung aber forderten die eifrigen Beamten der Stadt eine gewaltige Summe,
ungefähr so viel, wie der geplante Neubau gekostet häte.
So haben ganz ofenkundig viele Moskauer Beamte mehr ihr eigenes Wohlerge-
hen im Blik als das der Bürger, denen sie verplihtet sind. Eine interne Unter-
suhung der Baubehörden aus dem Jahr 2004 hate ergeben, dass 1500 Gebäude mit
rund 200000 Einwohnern baufällig oder gar einsturzgefährdet sind. Die Moskauer
Stadtväter beshlossen, einfah eine Null zu streihen. 150 - das mahte sih besser
in der oiziellen Statistik.
Das Leben im Platenbau hat seine Besonderheiten. Damals wie heute haben die
monströsen Wohnbloks keinen Keller. Deshalb gleihen Moskauer Balkone Vorrats-
und Abstellkammern. Auh der unsrige. Dort stehen die Roller und Fahrräder un-
serer Kinder, Bierkisten, Skier und Shliten. Und noh in einem Punkt lebt in un-
serer Wohnung eine Altlast aus Sowjetzeiten fort: Im Frühjahr und Sommer wird in
Moskau nah einem detaillierten Plan in einem Stadteil nah dem anderen das
warme Wasser abgeklemmt. Und zwar für bis zu drei Wohen. Dann werden die
maroden Zuleitungsrohre unter der Erde der Hauptstadt instand gesetzt. Für die
meisten Bürger heißt es dann, Zähne zusammenbeißen und Eisdushen. Viele er-
hitzen auf ihren Gasherden Wasser in Kohtöpfen, um sih wenigstens den Kopf
niht mit biterkaltem Wasser washen zu müssen. Uns bleibt diese Prozedur er-
spart. Wir haben uns, wie Zehntausende andere Haushalte, einen Boiler installiert.
Gerne shimpfen die Moskauer auf die Privatisierung der Neunziger. Damals er-
hielt jeder über einen Vouher seinen Anteil am Volksvermögen der untergegangen-
en UdSSR. Kaum einer aber wusste damit etwas anzufangen. Die meisten
verkauten den Vouher, manhe gaben ihn für eine Flashe Wodka her. In den Fab-
riken shwatzten die roten Direktoren, die altgedienten Bosse der Sowjetkombinate,
oder forshe Emporkömmlinge den Arbeitern ihre Vouher ab und shwangen sih
so zu millionenshweren Besitzern auf. Man kann abendelang darüber streiten, ob
es niht vielleiht einen besseren Weg gegeben häte, die Staatswirtshat zu privat-
isieren.
In ihrer Wut auf die geistigen Väter der Privatisierung, Boris Jelzins ersten
Premierminister Jegor Gajdar und Anatolij Tshubajs, vergessen die meisten
Moskauer, dass ihnen die Privatisierung der Wohnungen eine der höhsten Ei-
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