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Moskauluss und den beiden Straßen Ostoshenka und Pretshistenka kostete im
Jahr 2008 rund 12000 Euro, Tendenz steigend. Für eine Hundert-uadratmeter-
Wohnung sind um die 10000 Euro Miete fällig.
Die hohen Mieten sind niht nur dem Wirtshatsboom und den kontinuierlih
steigenden Reallöhnen der Moskauer geshuldet, sondern auh eine Erblast der tra-
ditionellen Moskauer Wohnungsnot. Nah der Mahtübernahme im Jahr 1917 ver-
staatlihten die Kommunisten die Paläste der Adeligen und die Wohnhäuser des
Bürgertums. Ih habe einen Freund, der jahrelang in der Moskauer Stadtverwaltung
für Wohnungsbau zuständig war. »Meine Großeltern waren damals rihtig privile-
giert«, erzählt er. »Sie bewohnten mit Kindern und Enkeln zu sehst zwei Zimmer
in einer Gemeinshatswohnung.« Die neuen Herrsher quartierten in eine
Wohnung mehrere Familien ein, in der Regel eine Familie in ein Zimmer, sodass
niht selten vier oder fünf Personen in einem Raum lebten und bis zu dreißig
Menshen in einer Sehszimmerwohnung. Das Dekret vom August 1918 über die
»Aufhebung des Privateigentums an Immobilien in Städten« sorgte für die legale
Grundlage der Enteignungen. Wohnungen wurden niht mehr vermietet, sondern
durh die lokalen Behörden der Bolshewiki zugeteilt. Den Menshen im Westen
prägte sih die Beshlagnahmung von Wohnungen in dieser Zeit durh die Ver-
ilmung von Boris Pasternaks Roman »Doktor Shiwago« ein. Der Arzt Jurij Shi-
wago kehrt aus dem Ersten Weltkrieg heim und indet im ehemals bürgerlihen
Stadthaus des Shwiegervaters Dutzende Proletarier vor.
Die Gemeinshatswohnungen tragen bis heute den Namen »Kommunalka«. Mit
Wohngemeinshaten, in denen sih in Deutshland beispielsweise Studenten freiwil-
lig zusammenshließen, haten sie nur wenig gemein. Sie waren aus biterer Not ge-
boren und bei ihren Bewohnern verhasst. Sie ruinierten Ehen und führten dazu,
dass viele Eltern und Kinder einander irgendwann in tiefer Abneigung und Hass-
liebe verbunden waren, Eltern und Kinder, die mit hoher Wahrsheinlihkeit ein
gutes Verhältnis gehabt häten, wenn sie nur niht dazu verurteilt gewesen wären,
über Jahrzehnte eng aufeinanderzukleben. In den Jahren nah der Revolution
wuhs die Bevölkerung Moskaus durh Landluht und den Zuzug bolshewistisher
Kader aus der Provinz um jährlih rund zwanzig Prozent. Ende der Zwanzigerjahre
wohnten neunzig Prozent der Moskauer in Kommunalwohnungen. Damals standen
die Menshen ot nähtelang nah Brot an, Lebensmitel waren rationiert, und um
die Ratenplage zu bekämpfen, veranstalteten die Kommunisten eine Loterie: Unter
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