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können Got niht loben.« Frauen bedeken ihre Haare mit einem Koptuh und
sollten Hosen oder einen langen Rok tragen.
In den Moskauer Kirhen oder denen des Goldenen Rings, die Sie in einem Tage-
sauslug erreihen können, begegnen Sie der für die Orthodoxie typishen Praht.
Die üppige Darstellung biblisher Szenen hate zunähst eine einfahe Ursahe.
Weil die meisten Menshen im Mitelalter Analphabeten waren, dienten die Bilder
dazu, dem Volk den Inhalt des Neuen Testaments zu vermiteln.
Die Orthodoxie versteht sih als Hüter eines ursprünglihen Christentums, das
seit dem Zeitalter der Apostel durh keinerlei Neuerungen verfälsht worden ist.
Fjodor Dostojewskij shrieb in seinem Tagebuh: »Was ist shon unser Volk für ein
Protestant, und was ist es für ein Deutsher? Und wozu brauht es Deutsh zu
lernen, um Psalmen zu singen? Liegt denn niht alles, ja alles, was es suht, im
russish-orthodoxen Glauben? Ist der niht die einzige Wahrheit und Retung für
das russishe Volk und in den kommenden Jahrhunderten auh für die gesamte
Menshheit? Ist es niht so, dass nur im orthodoxen Glauben das götlihe Antlitz
Christi in all seiner Reinheit erhalten geblieben ist? Und läge die Hauptvorbestim-
mung des russishen Volkes für die Geshihte der ganzen Menshheit niht allein
darin, dieses götlihe Antlitz Christi in all seiner Reinheit bei sih zu erhalten und
dieses Antlitz, wenn die Zeit kommt, der Welt vorzuweisen?«
Deshalb grenzt sih die orthodoxe Kirhe, die weltweit in fünfzehn autonome
Ortskirhen untergliedert ist und rund 200 Millionen Anhänger hat, sharf von den
Protestanten ab, denen man eine als Modernisierung getarnte Anpassung an den
Zeitgeist vorwirt, und auh von der fünfmal größeren katholishen Kirhe. Die
katholishe und orthodoxe Kirhe trennen niht nur die Dogmen von der Unfehl-
barkeit des Papstes und der Unbelekten Empfängnis der Jungfrau Maria, die Rom
im 19. Jahrhundert eingeführt hate. Vor allem untersheidet sih die Spiritualität
der Gläubigen. Der orthodoxe Christ weiß sih in ständiger Verbindung zu seinem
Got. Er glaubt an die unershüterlihe und unendlihe Liebe Gotes zum sündigen
Menshen. »Der Katholik hingegen ist bemüht im Bewusstsein seiner eigenen
Nihtigkeit und Shwähe vor dem Antlitz eines ihm unermesslih überlegenen
Gotes, seinem Gewissen zu folgen und auf Vergebung und Erlösung durh die Für-
bite der Heiligen zu hofen«, shreibt der Kirhenhistoriker Jurij Malezkij. Der
Protestant versuht, sih sein Himmelreih gleihsam durh harte Arbeit und ein
aufrehtes Leben zu verdienen. Demgegenüber sieht das orthodoxe Christentum in
jedem Menshen die Berufung zum Heiligen.
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