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Spiel mir das Lied vom
Tod - die Fremdenlegion
auf Fuerteventura
Mit dem Tod von General Franco endete die Herrschaft über die
Westsahara, Spaniens letzte große Kolonie auf afrikanischem Bo-
den. Im Madrider Abkommen von 1975 fielen zwei Drittel des Ge-
biets an Marokko, ein Drittel an Mauretanien. Doch was sollte nun
mit der Fremdenlegion geschehen, die sich in der Vergangenheit
so brav in den Dienst des Vaterlands gestellt und alle Rebellionen
der Sahauris so beherzt niedergeschlagen hatte? Bei der Suche
nach einem neuen Quartier fiel die Wahl auf Fuerteventura, die In-
sel des „starken Abenteuers“. Sie lag nur 100 Kilometer von Afrika
entfernt und ebenso weit von Gran Canaria, wo sich Antonio Cu-
billo gerade anschickte, eine Bewegung für einen unabhängigen
Staat Canarias zu schaffen. Damals ahnte man noch nicht, dass es
schon drei Jahre später gelingen würde, Cubillo in einer Gemein-
schaftsaktion von spanischem und deutschem Geheimdienst
außer Gefecht zu setzen. Also holte man die Söldner nach „Fuer-
te“, wo sie immerhin ein Viertel der Bevölkerung stellten. In Puerto
del Rosario konnten viele von ihnen sogleich unterkommen -
Franco hatte vorgesorgt und in der Hauptstadt Garnisonen bauen
lassen.
Doch was macht eine Kampftruppe ohne Feind? Das geht ein
paar Wochen gut, nicht aber Monate oder gar Jahre. Der Frust
musste raus, das Leben wollte gefeiert sein - mit Alkohol und Pros-
titution, Schrecken und Gewalt ... So geschah es, dass zur gleichen
Zeit, als Touristen die Strände von Jandía und Corralejo entdeck-
ten, Reiseveranstalter immer dringlicher vom Ausflug in die Haupt-
stadt abrieten. Puerto del Rosario war ein extrem unsicheres Pflas-
ter geworden. In keiner spanischen Stadt gab es eine höhere Kri-
minalitätsrate, Überfälle und Vergewaltigungen waren an der Ta-
gesordnung. Die Regierung war zwar um den Ruf der Insel be-
sorgt, sah sich aber außerstande, dem Straßenterror der Legionäre
Einhalt zu gebieten. Und gab es doch mal einen, der es wagte, sich
ihnen entgegenzustellen, hatte er mit Prügel oder Schlimmerem zu
rechnen. Erst nach 20 Jahren (1995) war der Spuk zu Ende: Die
Madrider Regierung erbarmte sich der geplagten Majoreros und
befreite sie vom Gespenst der Legion. Binnen weniger Wochen
mussten die meisten Sex-Bars und Bordelle mangels Kundschaft
schließen, Spekulanten machten sich daran, die Zukunft der Ka-
sernen zu verwalten. Puerto del Rosario durfte sich nun zu einer
„normalen“ spanischen Stadt entwickeln ...
Auch die Söldner haben sich „weiterentwickelt“: Nach ihrem
Abzug aus Fuerteventura avancierten einige zu Mitgliedern der
„Speziellen Einsatztruppe“ (vergleichbar der GSG-9), andere be-
teiligten sich an den UNO-Blauhelmeinsätzen in Ex-Jugoslawien.
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