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Die Wasserstandsänderung in großen
Gewässern, die als Gezeiten oder Ti-
den (
marées
) bezeichnet wird, beruht
auf der wechselseitigen Anziehungs-
kraft (Gravitation) von Sonne, Erde
und Mond sowie der Tatsache, dass
sich der Mond um die Erde und dieses
Mond-Erde-System um die Sonne dreht.
Zunächst ein paar Begriffserklärun-
gen:
Flut
(
flot
oder
marée montante
)
meint nicht den hohen Wasserstand,
wie es üblicherweise angenommen
wird, sondern vielmehr das in Westeu-
ropa etwa 6¼ Stunden dauernde An-
steigen des Wasserspiegels. Der höchs-
te Wasserstand und damit das Ende
der Flut wird als
Hochwasser
(
pleine
mer
oder kurz P. M.) bezeichnet.
Dem Hochwasser folgt die
Ebbe
(
ju-
sant
oder
marée descendante
), das
ebenfalls 6¼ Stunden dauernde Ab-
laufen des Wassers. Den niedrigsten
Wasserstand nennt man
Niedrigwas-
ser
(
basse mer
oder kurz B. M.). Somit
kann also bei relativ hohem Wasser-
stand Ebbe sein, und bei relativ niedri-
gem Wasserstand Flut, was leider um-
gangssprachlich oft falsch beschrieben
wird.
Die Wasserstandsdifferenz zwischen
Hoch- und Niedrigwasser bezeichnet
man als
Tidenhub
(
marnage de la
marée
oder
amplitude
). Der Tidenhub
ist aber nicht konstant, sondern wech-
selt täglich, in Abhängigkeit der Stel-
lung von Sonne, Erde und Mond zu-
einander. Stehen die drei in annähernd
gerader Linie zueinander, also bei Voll-
mond
(pleine lune)
und Neumond
(nouvelle lune),
so entsteht ein beson-
ders großer Tidenhub, die
Springtide.
Die Tage, an denen diese Konstellati-
on auftritt, werden
Springzeit
(vives
eaux)
genannt.
Wenn etwa eine Woche später der
Mond zur Erde so steht, dass die Ver-
bindungslinien Sonne - Erde und Erde
- Mond in etwa einen rechten Winkel
bilden, also bei Halbmond
(demi-
lune),
so entstehen nur minimale Was-
serstandsänderungen zwischen Hoch-
und Niedrigwasser, die
Nipptide.
Die
Zeit um den zu- bzw. abnehmenden
Halbmond wird entsprechend
Nipp-
zeit
(mortes-eaux)
genannt.
Bei genauer Beobachtung stellt sich
heraus, dass die maximale Springtide
nicht genau bei Voll- oder Neumond
und die minimale Nipptide nicht ge-
nau bei Halbmond auftritt, sondern
erst jeweils (je nach Lage des Ortes) 1
bis 3 Tage später. Diese sogenannte
Springverspätung
wird durch die
Trägheit der Wassermassen hervorge-
rufen.
In Frankreich ist es üblich, die Aus-
prägung des Tidenhubes in den Tabel-
len mit sogenannten
Koeffizienten
(coéfficients)
zu beschreiben: Dem
theoretisch maximalen Tidenhub wird
der Koeffizient 120 zugeordnet (bei
geradliniger Verbindung von Sonne,
Erde und Mond). Würden sich die An-
ziehungskräfte von Sonne und Mond
auf die Wassermassen gegenseitig auf-
heben, dies kommt in der Realität al-
lerdings nie vor, so ergäbe dieser Zu-
stand den Koeffizienten 0. Reale Mess-
werte der Tiden ergeben bei Springzeit
Werte zwischen 90 und 119, bei Nipp-
zeit liegen sie zwischen 35 und 50, je
nach Jahreszeit. Für die Wasserstände