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blieb den Ouessantins (so nennen sich
die Einwohner) nur die Landwirtschaft,
der Dienst auf fremden Schiffen und ...
die Strandräuberei.
Allerdings ist die Zahl der nachge-
wiesenen Hilfeleistungen für hava-
rierte Schiffe erheblich größer als die
der Wrackplünderungen. So lief am
16. Juni 1896 das englische Passagier-
schiff „Drummond Castle“ südlich von
Ouessant in dichtem Nebel auf eine
Untiefe und sank binnen 5 Minuten. 3
von 251 Passagieren konnten mit Boo-
ten von Ouessant am nächsten Tag ge-
rettet werden. Mehr als 200 Ertrunke-
ne wurden auf die Insel gebracht. Die
Einheimischen nähten die Leichen in
Bettücher ein und bewahrten sie bis
zur Bestattung hinter der Kirche von
Lampaul auf. Die geborgenen Habse-
ligkeiten wurden später den Hin-
terbliebenen in England übergeben.
Zum Dank für den Einsatz stiftete
Queen Victoria den Ouessantins
Geld zum Bau des Kirchturmes von
Lampaul.
Im 20. Jahrhundert wurde die Navi-
gation entlang der französischen
Westspitze durch den vermehrten
Bau von Leuchttürmen und die Ein-
richtung einer zuverlässigen Beton-
nung der Schifffahrtswege erheblich
erleichtert. In Verbindung mit moder-
ner Navigationsausrüstung an Bord
führte dies in den letzten 50 Jahren zu
einer drastischen Verringerung der
Zahl von Havarien.
Der Schiffsverkehr wird rund um
die Uhr im Radius von 50 sm (90 km)
vom auffälligen Radarturm nahe der
Baie du Stiff (Fähranleger) aus über-
wacht. Jedes Schiff ist verpflichtet, Po-
sition, Kurs und Ladung über Funk mit-
zuteilen. Der gesamte Schiffsverkehr
(bis zu 100 Schiffe täglich) verläuft au-
tobahnähnlich auf zwei „Fahrbahnen“
von jeweils 10 sm Breite. Ein Verlassen
der „Fahrbahn“ ist nicht gestattet.
Schiffe mit gefährlicher Ladung (z.B.
Öltanker) müssen einen Sicherheitsab-
stand von 7 Seemeilen zur Küste ein-
halten. Werden diese Vorschriften
nicht eingehalten, so interveniert ein
ständig patrouillierendes Marinefahr-
zeug. Empfindliche Geldstrafen sind
die Folge.
Auf Ouessant herrscht noch die klas-
sische Rollenverteilung in der Fami-
lie. Während die Männer das Geld für
ihre Angehörigen hauptsächlich in der
Marine (Brest ist erster Marinehafen
Frankreichs) oder in der Handelsschiff-
fahrt verdienen, kümmern sich die
Frauen um Haus und Kinder. Es gibt
hier etwa doppelt so viele erwachsene
Frauen wie Männer, denn der Brot-
erwerb ist auf der Insel schwierig. Nur
in den Sommermonaten lässt sich aus
dem Tourismus etwas Geld durch Zim-
mervermietung oder den Verkauf von
Inselprodukten, wie Web- und Strick-
waren aus Schafwolle, verdienen.
Meist sind die Inselbesucher Tages-
touristen, doch lässt sich der Reiz der
Insel nicht an einem Tage erfassen. Zu
Fuß sollte man etwa 3-4 Tage anset-
zen, mit dem Rad mindestens 2, um
die Insel kennen zu lernen.
Übernachtungsmöglichkeiten gibt
es im Sommer bei Einheimischen (Ver-
mittlung über das Office de Tourisme).
Dies ist empfehlenswerter als ein Zim-
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