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Überwiegend wird die Meinung ver-
treten, es handele sich um eine reli-
giöse Kultstätte, wie es schon Prosper
Mérimée 1854 als Generalinspekteur
der historischen Denkmäler vermute-
te. Er nahm an, dass das Errichten sol-
cher Monumente nur durch die Kraft
möglich gewesen ist, die die Men-
schen des Neolithikums aus ihrem
Glauben schöpften. Auch heute noch
haben die religiösen Riten sogenann-
ter Naturvölker engen Bezug zu Son-
ne und Mond, sodass es naheliegt,
nach astronomischen Bedeutungen
zu fragen. 1874 vertrat H. du Cleuziou
die Ansicht, dass bestimmte Steinrei-
hen von Kermario/Carnac in Richtung
des Sonnenaufganges zur Sommer-
sonnenwende (21.6.) weisen. Er be-
hauptete ferner, gewisse Reihen im be-
nachbarten Kerlescan wiesen in Rich-
tung des Sonnenaufganges zum
Datum der Tag- und Nachtgleiche bei
Frühlingsanfang (21.3.). Eine solche Ka-
lender-Bedeutung wäre nicht überra-
schend, da die Kenntnis bestimmter Da-
ten im Jahresgang für eine bäuerliche
Gesellschaft zur erfolgreichen Landwirt-
schaft notwendig gewesen wäre und
zudem durchaus in Beziehung zu
Fruchtbarkeitsriten stehen könnte.
Leider muss jedoch heute gesagt
werden, dass nur Teilstücke weniger
Steinreihen in die oben genannten
Richtungen weisen. Rechts und links
dieser Reihen zeigen andere Steine in
etwas andere Richtungen mit z.T.
mehr als 10 Grad Abweichung. Hinzu
kommt, dass erwiesenermaßen nur et-
wa 36 % aller Steine in der Gegend
von Carnac unberührt an ihrem ur-
sprünglichen Platz stehen. Die Mehr-
zahl war aufgrund des zu flachen Fun-
damentes in der dünnen Bodenschicht
über dem Natursteingrund umgefallen
und wurde zum Teil sogar von man-
gelhaft angeleiteten Arbeitern falsch
herum wiederaufgestellt.
Nicht zuletzt muss angesichts der
Tatsache, dass andere Alignements
wie die von Lagatjar/Camaret oder die
von St-Pierre-Quiberon in völlig unter-
schiedliche, astronomisch unbedeu-
tende Richtungen weisen, die Hypo-
these der bewussten astronomischen
Ausrichtung einzelner Teilstücke von
Steinreihen als überaus gewagt ange-
sehen werden.
Der Schotte A. Thom vertrat, nach-
dem er in den Jahren 1970-1976 um-
fangreiche Vermessungen bei Carnac
durchgeführt hatte, die Ansicht, die
Anlage definiere eine Streckenmaß-
einheit, die er das „Megalith-Yard“
nannte. Doch auch er vermochte Ma-
thematiker nicht von seiner Idee zu
überzeugen.
Eine andere These bringt den Stand-
ort der Menhire und Alignements in
Zusammenhänge mit dem geologi-
schen Untergrund. Sie sollen sich an
geologisch besonders instabilen Stel-
len oder Zonen befinden, wo deshalb
besondere „Energiepunkte“ existieren.
So hat Pierre Mereaux festgestellt, dass
die Megalithanordnungen bei Carnac
auf einer großen Granitplatte stehen,
die von beträchtlichen geologischen
Verwerfungen umgeben ist. Außer-
dem wurde mit Hilfe aufwendiger
Messungen nachgewiesen, dass fünf
der größten Alignements exakt zwi-
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