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entstand ein System, in dem jeder Beteiligte, Folterer wie Opfer, aus Angst log und
damit weitere Menshen ins Verderben zog. Da dieser Ort, an dem die Mitglieder
der Partei gefoltert und getötet wurden, um jeden Preis geheim gehalten werden
sollte, musste jeder Gefangene zwangsläuig ermordet werden. Ein Experte, der vor
Geriht aussagt, spriht von einem »positiven Rükkopplungsefekt« - ein Per-
petuum mobile der Gewalt, eine Menshen fressende Mashine, bei der niemand
daran gedaht hat, eine Bremse einzubauen.
An diesem Nahmitag fahre ih mit einem Tuk-Tuk vom Prozessgelände nah
Hause. Ih denke über Duh nah. Im Laufe der Verhandlungstage sind mir seine
Gesten, sein Gesihtsausdruk vertraut geworden, und ih sehe in ihm immer weni-
ger den Angeklagten, die historishe Figur, und immer mehr den Menshen. Was
maht er, wenn er zurük in seine Zelle gebraht wird? Wie ot sieht er seine
Kinder? Hoft er, eines Tages wieder als freier Mann in Kambodsha zu leben?
Ofen gesagt: Er tut mir leid. Das heißt niht, dass ih ihn für unshuldig halte.
Ih sehe in ihm einen Mann, der irregeleitet wurde von seinem Idealismus und
seinem Plihtbewusstsein. Einen Mann, der zu einer anderen Zeit auh häte Gutes
vollbringen können.
Ein Freund entgegnet mir auf diesen Gedankengang, ih sei naiv. Duh sei hoh-
intelligent und berehnend, seine vorgetragene Reue sei Teil einer ausgeklügelten
Verteidigungsstrategie, die auf eine Strafminderung abziele. Siherlih hat mein Fre-
und zum Teil reht. Wir geraten beinahe in einen Streit. Darf man Mitleid mit Duh
haben? Beleidigt das Mitleid für den Täter niht die Opfer? Letztendlih will ih
mih jedoh für mein Mitleid niht shämen. Mitleid ist genau das, was Duh sih
niht zugestanden hat.
Vor zehn Jahren iel einem Priester in der kambodshanishen Stadt Batambang
ein Mann auf, der während seines Gotesdienstes meist in der letzten Bank saß und
zuhörte. Er sprah ihn an, und sie aßen gemeinsam zu Mitag. »Ih habe
gesündigt«, sagte der Mann, der sih als Heng Pin vorstellte. »Shwer gesündigt. Ih
glaube niht, dass meine Brüder und Shwestern mir vergeben können.« - »Jedem
kann vergeben werden«, sagte der Priester. Von da ab saß der Mann während der
Gotesdienste in der ersten Reihe und mahte sih Notizen, wie ein Mustershüler.
Er wurde zu einem überzeugten Christen, studierte mit Eifer die Bibel, ließ sih
taufen und wurde sogar Laienpriester. Er wollte ein neues Leben beginnen.
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