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Das Lotto und die Geisterwelt
Letztens rief mih Sreykeo auf dem Handy an. Ih erkannte shon an ihrer Stimme,
dass sie mal wieder im Loto gewonnen hate. Wenn sie aufgeregt ist, spriht sie im-
mer ein freudiges Gemish aus Khmer, Deutsh und English: »Bong oy! Bong oy!
Weißt du waaaaaas? I win again! I win number!« Solhe Anrufe lassen mih immer
verwundert zurük: Wirklih jedes Mal, wenn sie Loto spielt, gewinnt sie auh etwas.
Sreykeo selbst überrasht das natürlih gar niht. Meine Frau hat nämlih beste Bez-
iehungen - zur kambodshanishen Geisterwelt.
Aber lassen Sie mih zuerst die Geshihte von ihrem letzten Lotogewinn erzäh-
len, bevor ih zu den Geistern komme. Das war so: Lukas hate eine eiternde Infek-
tion in der Pofalte. Deshalb gingen wir mit ihm ins Krankenhaus. Da fällt mir ein:
Zuerst muss ih Ihnen erklären, wie ein kambodshanishes Krankenhaus funk-
tioniert. Das müssen Sie wissen, um zu verstehen, wie der Krankenhausgeist meiner
Frau die Lotozahlen verraten konnte. Ah, jetzt wird es wieder kompliziert! Ih habe
ein Problem, wenn ih Menshen in der Heimat von Indohina berihte: Deutshe as-
soziieren mit den alltäglihsten Begrifen - Loto, Krankenhaus, Regierung, Liebe -
ganz andere Dinge als ih. Wenn ih »Loto« sage, werden Sie vermutlih an Tis-
htennisbälle denken, die in einem Glasball herumgeblasen werden. Und wenn ih
»Krankenhaus« sage, denken Sie an Shwestern, die auf einem grauen Plastiktablet
morgens Graubrot mit Mortadella und Frühtetee ins Zimmer tragen. Und wenn ih
das Wort »Geist« benutze, denken Sie siherlih an Hui Buh, das Shlossgespenst.
Aber in Kambodsha ist alles ganz anders. Das Gespenst zum Beispiel ähnelt eher
einer asiatishen Shönheitskönigin als einem heulenden Betlaken.
Langsam. Der Reihe nah. Wenn unsere Kinder krank sind, bringen wir sie ins
Hôpital Kantha Bopha in Phnom Penh. Das wird von einer Shweizer Stitung be-
trieben. Gefütert, gewashen und getröstet werden die Patienten niht vom Personal,
sondern von ihren Verwandten. Das heißt, tags essen wir und nahts shlafen wir auf
den Fliesen unter dem Krankenbet unseres Kindes. Unter den Beten von Patienten,
die lange Zeit auf einer Station bleiben müssen, sieht es daher ot so gemütlih aus
wie in einem Wohnzimmer: Maten, geblümte Kissen, hermoskannen und Kushel-
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