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Je länger ih in Kambodsha lebte, desto öter musste ih mein Bild des Buddhis-
mus überarbeiten. Viele Missverständnisse rühren daher, dass wir regelmäßig von
»dem Buddhismus« sprehen, und dabei die vielen Faceten dieser Religion ignorier-
en. Sie hat eine viel längere Geshihte als das Christentum. Damit hate sie genug
Zeit, um genauso komplex und ot widersprühlih zu werden. Es gibt heute viele
untershiedlihen Shulen und Sekten, die für sih beanspruhen, der wahre
Buddhismus zu sein. Natürlih gibt es auh hier Dogmatiker und Fanatiker und
verstaubte Traditionen, genauso wie im Christentum. Geistlihe, die ihre Autorität
zum sexuellen Missbrauh ausnutzen? Kleriker, die angesihts einer HIV-Epidemie
gegen die Benutzung von Kondomen wetern? Mönhe, die während eines Krieges
Waffen segnen - oder gar an der Front mitkämpfen? Viele unangenehme Dinge, die
wir im Westen als alleinige Eigenshaten unserer Kirhen ansehen, trift man
genauso im religiösen Alltag Kambodshas.
Zudem trift man den Buddhismus so gut wie nie in Reinform an - außer viel-
leiht in jenen Bühern, die in Esoterikbuhhandlungen verkaut werden. So gut wie
immer vermisht er sih mit anderen Religionen: In Kambodsha zum Beispiel mit
dem Hinduismus, dem Animismus und der Ahnenverehrung. Nur westlihe Akade-
miker führen Diskussionen, ob ein bestimmtes Ritual nun hinduistishen und
buddhistishen Ursprungs sei - für die Kambodshaner ist das alles ganz einfah
ihr Glaube.
Die Buddhisten Kambodshas sind Anhänger der heravada-Shule. Dies ist die
älteste der buddhistishen Shulen. Sie gründet ihre Lehre allein auf dem Tripitaka,
dem buddhistishen Kanon. Damit beanspruht sie für sih, die wahre und reinste
der Rihtungen dieser Religion zu sein, während sie andere buddhistishe Lehren als
verwässert betrahtet. Die heravada-Buddhisten versuhen, das nipian durh Med-
itation, moralishe Lebensführung und Selbsterkenntnis zu erreihen.
Kern der Religion ist die Erkenntnis, dass allen Dingen jeglihe dauerhate
Essenz oder Substanz fehlt, die man als ihr Selbst bezeihnen könnte. Das klingt
furhtbar abstrakt. Dessen war sih auh der Erhabene bewusst, nahdem er unter
einem Bohdi-Baum sitzend die Erleuhtung erlangte. Das Mahavagga, jener Teil
des Tripitaka, der von der Gründung der Religion handelt, beshreibt deshalb auh,
wie eine Gotheit ihn zunähst überreden musste, seine Lehre auh tatsählih zu
verkünden. Als er nämlih erkannte, dass dies ein furhtbar shwieriges Unterfan-
gen werden würde, sagte er: »Unter Mühen erkannte ih, jetzt geb' ih auf zu
verkünden. Diese Lehre verstehen niht die von Gier und Hass Beherrshten.«
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