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Es ist eine asiatishe Version des drôle de guerre: Regelmäßig kommt es zu kur-
zen Feuergefehten, bei denen Soldaten sterben. Dann, nur wenige Tage später, wer-
den in den Zeitungen Fotos von deren Befehlshabern abgedrukt, wie sie sih gegen-
seitig Frühtekörbe überreihen und feststellen, dass die Gefehte auf »Missver-
ständnisse« zurükzuführen seien und man lediglih die »Kommunikation
verbessern« müsse. Dann kommt es wieder zu Gefehten und abermals zu Trefen
mit Frühtekörben. Als am 15. Oktober 2008 erstmals beide Seiten das Feuer aufein-
ander eröfneten, starben drei kambodshanishe und ein thailändisher Soldat;
zehn thailändishe Soldaten wurden von den Kambodshanern gefangen genom-
men. Seitdem herrsht eine Art unausgesprohener Kriegszustand. Am 3. April 2009
starben wieder drei hailänder und zwei Kambodshaner. Am 31. Januar 2010 starb
ein thailändisher Soldat. Bei diesem letzten Gefeht wurde auh ein kleiner Markt
beshossen, auf dem Familienangehörige der Soldaten Fish, Fleish, Gemüse und
Sotdrinks verkauten - eindeutig kein militärishes Ziel.
Es sind zwei ungleihe Armeen, die sih hier gegenüberstehen: Die Kambod-
shaner in Flip-Flops und ausgeblihenen Uniformen, die wie Shlafanzüge wirken,
mit blank gewetzten AK-47, die wahrsheinlih shon in vielen Kriegen zum Einsatz
gekommen sind. Es sind kampferprobte Soldaten, manhe haben im Bürgerkrieg für
die Khmer Rouge gekämpt, manhe für die Regierung. Auf der gegnerishen Seite
die hailänder, in shwarzen Uniformen, Kampfstiefeln und mit zakigen Bareten,
bewafnet mit brandneuen M-16. Ihre Erfahrung beshränkt sih auf zahlreihe
Staatsstreihe. Die Khmer sind zuversihtlih. Sie glauben, dass von dem Tempel
eine mythishe Krat ausgeht, die sie beshützt. Sambok khmum, das Bienennest,
nennen sie diese Gegend. Eine Legende sagt, dass der Ort von wilden Bienen
bevölkert sei, die jeden Eindringling erbarmungslos angreifen, die Khmer dagegen
vershonen.
Die Bienen-Geshihte ist typish für diesen komishen Krieg, in dem Legenden
eine so große Rolle spielen. Worum geht es? Die Frage ist gar niht so einfah zu
beantworten. Es ist ein Konlikt, der für Europäer völlig unverständlih wirkt - ein
Kampf der Sagen und Mythen. Es geht niht um Öl, niht um Absatzmärkte, niht
um Rohstofe, niht um Demokratie und niht um Kommunismus. Es geht viel mehr
um die Legenden zweier Völker - um die Frage, wessen Sagen nun wirklih die
Wahrheit erzählen.
Wir Europäer haben eine komplet andere Geshihtsshreibung, die sih an his-
torishen Fakten orientiert. Legenden, so etwas kennen wir nur aus den Hohglanz-
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