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Wer hat Angst vorm weißen Mann?
Ofen gesagt: Ih kann niht gut mit Kindern. Zumindest niht mit kambodshanis-
hen. Shon mein bloßer Anblik löst Entsetzen aus. Ih nehme ihnen niht die
Lutsher weg, ih klaue ihnen kein Eis, ih ziehe keine iesen Grimassen, ih zerre sie
niht an den Haaren, und ih erzähle ihnen auh keine gruseligen Geshihten. Und
trotzdem: Wenn ih die Straßen entlanggehe, hinterlasse ih rehts und links meines
Weges eine Spur von in Tränen aufgelösten kafeebraunen kleinen Wesen. Meistens
starren sie mih eine Weile mit aufgerissenen Augen an und stoßen stille Shreie aus,
zu ershroken, um wegzulaufen, bis irgendwann eine Muter angerannt kommt, das
Kind mit einem entshuldigenden Läheln auf den Arm nimmt und wegträgt. Ih
frage mih, woran das liegt. Wenn ih in den Spiegel guke, entdeke ih nihts Ers-
hrekendes - ih inde, ih sehe eher lustig aus: bleih, lang und dünn, mit etwas auf
dem Kopf, das man unmöglih eine Frisur nennen könnte, mit großen Augen, großen
Füßen und langen Fingern.
Einmal, als ih wieder vor einem Mädhen stand, dem Rotze und Tränen vom Kinn
tropten, fragte ih meine sehsjährige Tohter Rothana nah dem Grund. Sie sagte
etwas beiläuig: »Sie haben Angst, dass du sie aufrisst.« Als ob das eine Erklärung
gewesen wäre.
Nun, ih bin dem Rätsel irgendwann auf die Spur gekommen. Es hat mit meinen
kambodshanishen Nahbarn zu tun - und mit meiner Tohter. Aber bevor ih das
Rätsel löse, muss ih Ihnen etwas über meine Nahbarshat erzählen. Wir haben ein
Haus in einer Seitenstraße von Phnom Penh, eine von jenen Straßen, die noh niht
von der voranshreitenden Asphaltierung des Landes erreiht wurde. Unsere Straße
ist ein bisshen wie ein kleines Dorf. Kambodshaner sind kein urbanes Volk, auh
die Stadtbewohner haben ihre Wurzeln meistens auf dem Land, und so mahen sie
jede Straße und jeden Hinterhof zu einer kleinen Dorfgemeinshat: Man passt ge-
genseitig auf die Kinder auf, man leiht sih Geshirr, maht gemeinsam mit dem
Besen Jagd auf Diebe - und man lästert viel und tratsht übereinander. Wenn meine
Frau vom Markt nah Hause kommt, weiß sie shon am Anfang der Straße, wenn un-
ser Sohn sih beim Spielen ein paar Shrammen am Knie geholt hat.
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