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In Phnom Penh sind die ersten Hohhäuser entstanden, und Filialen der Fast-
Food-Kete »Kentuky Fried Chiken« haben überall im Land eröfnet. Kambodsha
wird immer normaler, und ih freue mih darüber. Ih freue mih, wenn ih in der
Stadt plötzlih von etwas ganz Alltäglihem überrasht werde, das in diesem Land
eben noh lange niht normal ist. Über bemüht lässige Jugendlihe in Kapuzenpullis
zum Beispiel, die auf ihren Skateboards am Straßenrand Ollies und Baklips üben.
Oder über die ersten Graitis, die auf den Personenwagen von Kambodshas uralter
Shmalspureisenbahn rührend deplatziert wirken. Und wenn ih an den Baustellen
der Hohhäuser vorbeifahre, denke ih mir: »Endlih wird Phnom Penh eine Stadt
und hört auf, das verlorene Paradies am Ende der Welt zu sein.«
Die Kambodshaner sind so etwas wie die Lieblingsopfer der internationalen Ge-
meinshat. Das ist eine undankbare Rolle, denn jeder hat einen guten Ratshlag für
sie parat, und sie können es niemandem reht mahen. Wenn sie Hip-Hop hören,
dann vergessen sie »die traditionelle kambodshanishe Lebensweise«. Wenn sie
sih einen Motorroller kaufen, berauben sie die Cyclo-Fahrer ihres Einkommens und
lassen dieses »nostalgishe und umweltfreundlihe Fortbewegungsmitel« ausster-
ben. Wenn sie sih von ihrer Freundin oder ihrem Freund trennen, dann »zerstören
sie die traditionelle Wertshätzung der Familie«. Wenn sie bei KFC essen, überneh-
men sie »ungesunde westlihe Ernährungsweisen«. Wenn sie Hohhäuser bauen,
dann entstellen sie die »harmante französishe Stadtarhitektur aus der Koloni-
alzeit«. Wenn sie zur Wahl gehen und ihr Kreuzhen bei der exkommunistishen
CPP mahen, dann wirt man ihnen vor, dass sie die junge Demokratie kaput wäh-
len. Es muss shwer sein, Kambodshaner zu sein.
Eine seltsame Mishung westliher Ausländer zieht dieses Land an. Oiziell
lautet das Moto des Landes »Nation, Religion, König«. Doh zumindest für eine
bestimmte Gruppe der Zugereisten sheint das Moto eher »Tragik, Trauma, Aus-
landszushlag« zu sein. Dann sind da noh die vielen verkrahten Existenzen, für
die das Moto »Bargirls, Alkohol und Drogen« heißt. Glükliherweise kommen im-
mer mehr, für die das Moto lediglih »Tempel, Tempel, Tempel« lautet.
Sie liegen alle daneben.
Das wahre Moto des Landes lautet at banjaha! Das heißt übersetzt: »Kein Prob-
lem.« Was niht heißen soll, dass es in Kambodsha keine Probleme gäbe. Die gibt
es hier andauernd: Stromausfälle, Kurzshlüsse, übershwemmte Straßen, Busse,
deren Motoren sih in Rauh aulösen, und Taxis, die von ihren eigenen Reifen über-
holt werden. At banjaha heißt im Grunde: »Es gibt zwar ein Problem, aber eigent-
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