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talking to me!« Sie mahte eine kleine Verbeugung, bei der sie die Hände vor dem
Körper aneinanderlegte. Ih hate ein shlehtes Gewissen. Dass es niemanden gab,
der mit ihr reden wollte, war bestimmt keine Übertreibung. Ih wollte mih ja selbst
lieber meinem Laptop zuwenden als ihr.
»Do you want money?«, fragte ih. »No, I don't want money«, sagte sie. »No
money. Make only problems. I just want to be friend. hank you.«
Ih konnte niht glauben, dass sie sih unerlaubt in Gästehäuser shlih, nur um
dort Freundshaten zu shließen. Wir unterhielten uns etwas auf English. Tolstoi
sagt, dass jede unglüklihe Familie auf ihre besondere Weise unglüklih sei, aber
das konnte ih wieder einmal niht bestätigen: Es war eine Geshihte, wie ih sie
shon ot gehört hate: zerstörte Ehe, die Eltern getrennt, der Vater Alkoholiker,
Geshwister, von denen einige den Absprung aus der Armut geshaft und den Kon-
takt zur Familie abgebrohen haten und andere in der Prostitution oder im Knast
gelandet waren. Es war immer der gleihe Alltag zwishen Kartenspielen im Hinter-
hof, Fernsehen und Drogen, prügelnden Ehemännern, Abtreibungen mit Draht-
stüken. Sie habe auh als Prostituierte gearbeitet, aber das gehe jetzt niht mehr,
sagte sie mit einem Läheln, als wolle sie sih für ihr Aussehen entshuldigen.
Ih habe meine Erfahrung mit Armut. Das heißt, ih habe sie nie selbst zu spüren
bekommen. Ih hate während meines Lebens ot kein Geld, aber das ist etwas ganz
anderes als ehte Armut. Ih hate liebende Eltern und die Gewissheit, eine Ausb-
ildung mahen und mein Leben selbst gestalten zu können. Wahre Armut sah ih
erst, als ih die Familie meiner kambodshanishen Frau Sreykeo kennenlernte. Ar-
mut bedeutet völlige Hofnungslosigkeit, vollendete Lethargie, das Gefühl, dass un-
bekannte Mähte über das eigene Leben bestimmen. Wenn man diese Gewissheit
erst mal verinnerliht hat, kann auh Geld niht mehr helfen. Menshen, die wirk-
lih in Armut leben, nehmen Geld niht als eine Möglihkeit wahr, ihr Leben zu
ändern. Sondern nur noh als Möglihkeit zur Ablenkung, zum Vergessen. Geld ist
weder das Problem noh die Lösung.
Sie blikte nah unten und rieb ihre zerstohenen Füße aneinander. Niemand
rede mit ihr, sagte sie, niemand wolle sie auh nur in der Nähe haben. »Sie nennen
mih Dieb.« Da, ihre Flip-Flops - auh gestohlen, sagte sie. Ih betrahtete ihre
aufgesprungene Haut und fragte ganz direkt, ob sie HIV habe. »No, no«, antwortete
sie energish, sehr bemüht, mih davon zu überzeugen, dass sie niht iniziert sei.
Wahrsheinlih hate sie Angst, dass ih sie wegshiken könnte. »I'm clean«, sagte
sie noh mal nahdrüklih, einen Ausdruk benutzend, den sie nur von einem
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