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und zu raumfüllend für Vietnamesen sei. Ein bisshen sei es auh wie in der DDR.
»Da hat man die Spitzel immer daran erkannt, dass sie die teuren Lederjaken aus
dem Westen anhaten«, sagt er. Seine Gegenüber möhten niht den Eindruk er-
weken, dass jemand bespitzelt werden soll. »Wir müssen die ausländishen Gäste
beshützen«, sagen sie. »Daher müssen wir wissen, was sie mahen.« Mein Freund
bleibt nur so lange, bis sein Eistee leer ist. Das ist sein Zeitmesser. Dann steht er auf
und geht.
Mein Freund sieht niht aus wie ein Vietnamese. Die Bedienung spriht ihn auf
English an, weil er größer und selbstbewusster wirkt als die meisten im Land. »Ein
DDR-Produkt bin ih«, sagt er. Er ist in jungen Jahren zum Studieren nah
Ostdeutshland gefahren. Dort lernte er niht nur die Sprahe, sondern auh eine
Lebensweise kennen, die sih von der seiner Landsmänner komplet untershied.
Wenn er sih selbst als Kreation Ostdeutshlands bezeihnet, dann will er damit
niht sagen, dass er von einer besonders autoritären Gesellshat geprägt worden
sei. Im Gegenteil, die DDR war im Vergleih zu Vietnam ein unerhört freizügiges
Land.
»Die Vietnamesen meiner Generation wurden zum Gehorhen erzogen«, sagt er.
»Wenn man aus Vietnam in die DDR kam, war das shon die freie Welt.« Auh in
der DDR gab es keine Pressefreiheit und keine Wahlen. Aber die Herrshat der SED
war zumindest durh Gesetze geregelt, ihre Maht war berehenbar und ließ einen
kleinen Spielraum, in dem der Bürger Zivilcourage zeigen konnte. Es fehlte jene
Willkürlihkeit, welhe die Kommunistishe Partei in Vietnam auszeihnet. »Ih
konnte eine Beshwerde shreiben oder einen Antrag stellen, und man hat mir dann
geantwortet«, sagt mein Freund. Und er beshwerte sih. Vor allem über die Aus-
grenzung, die vietnamesishe Gastarbeiter in der DDR erfuhren. Er verklagte eine
Fahrshule, weil sie ihn als Vietnamesen niht ausbilden wollten. Er beshwerte sih,
weil er als Vietnamese zwar in der Gewerkshat sein und auh die Beiträge bezah-
len musste, aber niht wie die Deutshen eines der gewerkshatseigenen Ferien-
häuser an der Ostsee nutzen durte. »Stunk mahen«, habe er in der DDR gelernt,
sagt er: so viel Zivilcourage zeigen, wie man sih gerade noh leisten kann. Wie alle
Vietnamesen kennt er die dünne Linie genau. Er geht bis an ihren Rand - aber niht
darüber. Hinter der dünnen Linie liegen alle Aktivitäten, die in irgendeiner Weise
die Allmaht der Partei infrage stellen. Sie dominiert alle Bereihe des politishen
Lebens. Andere Parteien sind niht erlaubt. Jede Forderung nah einem Mehr-
parteiensystem wird eine Anklage wegen Propaganda gegen die Volksregierung
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