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ist gewollt. Denn es ist der Eingang zum Friedhof von Bien An, ein vergessener Ort,
an dem vergessene Menshen begraben liegen: die Soldaten der unterlegenen Armee
Südvietnams.
Vor fünfunddreißig Jahren, vor dem Sieg der nordvietnamesishen Truppen über
den Süden, sah dieser Ort noh ganz anders aus. Er wurde 1966 vom damaligen
Präsidenten der südvietnamesishen Republik Nguyen Van hieu eingeweiht. Der
wollte einen Heldenfriedhof shafen, um jene Vietnamesen zu ehren, die im Kampf
gegen den kommunistishen Norden gefallen waren. Die Anlage liegt an der Straße
nah Bien Hoa, damals einer der wihtigsten Stützpunkte der Amerikaner, eine
kleine US-amerikanishe Stadt mit Bowlingbahnen, Kinos und Hamburger-Bars. Zu
dieser Zeit war der Friedhof noh von Reisfeldern umgeben, der sante Hügel, auf
dem er angelegt wurde, war weithin sihtbar.
Am bemerkenswertesten an der Anlage war eine Bronzestatue. Sie stand an der
Eke, an der die Straße vom Friedhof her auf die Nationalstraße trift: Ein Soldat,
der ershöpt auf einem Felsen sitzt, sein Gewehr vom Typ M-1 auf den Knien, sein
amerikanisher Stahlhelm ein wenig in den Naken gerükt, die Riemen baumeln
lose herunter, der Blik ist leer und in die Ferne gerihtet: der »Trauernde Soldat«.
Für ein Kriegsdenkmal war es ein ungewöhnlih sentimentales Werk. Der Künstler
hate sih vom Anblik eines Unteroiziers inspirieren lassen, den er in einem
Geshät in der Nähe des alten Soldatenfriedhofs in Saigon Bier mit einem ima-
ginären Kameraden trinken sah - der Soldat kam gerade von dessen Beerdigung.
In einem Land, in dem der Glaube an das Übernatürlihe derart stark verwurzelt
ist wie in Vietnam, überrasht es niht, dass die ungewöhnlih lebendig wirkende
Statue zu einer Legende wurde. In den Dörfern, die den Friedhof umgeben, erzählte
man sih Geshihten von dem Geist eines Soldaten, welher der Statue »Trauernder
Soldat« ähnlih sehe. Er würde niemals Menshen bedrohen, sondern nur nah
Wasser fragen, besonders während der Hitzeperiode. Einmal habe er Frauen ge-
holfen, die von Vergewaltigern bedroht worden seien, indem er die Angreifer durh
sein Ersheinen ershrekt und verjagt habe. Während der Tet-Ofensive 1968 soll er
durh sein Ersheinen ein Bataillon der ARVN-Marines vor einem Hinterhalt nord-
vietnamesisher Truppen gewarnt haben.
Der trauernde Soldat verlor den Krieg. Im April 1975 rollten nordvietnamesishe
Panzer durh das Tor des Präsidentenpalastes in Saigon. Nur wenige Stunden nah
dem Fall Südvietnams rissen die Soldaten die Statue von ihrem Sokel. Am Eingang
des Friedhofes wurde ein Shild aufgehängt: »Hier bekamen die falshen Soldaten,
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