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zen Hosen oder Röken. »Hat jeder dieses Buh dabei?«, fragte ih und hielt »Cul-
tural Studies« hoh. Ih erntete nur irritierte Blike. Kein Einziger hate das Buh.
Was nun? Die nähsten anderthalb Stunden verbrahte ih damit, Texte aus »Cul-
tural Studies« vorzulesen, während die Shüler aufstanden und kommentarlos den
Raum verließen oder SMS in ihre Handys tippten. Es stellte sih heraus, dass das
Buh niht von Kultur handelte, sondern von Landwirtshat. Unter anderem be-
mühte ih mih, den Shülern zu verdeutlihen, welhe hemishen und natürlihen
Stofe sih als Dünger eigneten, und was »hydroponic farming« sei. Und ih ver-
suhte die Fragen zu verdrängen, was a) diese Informationen mit der Realität der
Shüler zu tun häten und b) was zur Hölle ih hier eigentlih gerade tat? Ih fand
keinen Weg zu erklären, was »manure«, also Mist, ist. Nahdem ih zehn Minuten
damit zugebraht hate, vershiedene Umshreibungen für das Wort zu inden, sagte
ih shließlih: »It's shit! Basically, it's cowshit!« Jetzt verstanden sie mih.
Nah der Unterrihtsstunde blieb ih mit einigen Shülern im Raum, die mir die
üblihen Fragen stellten: Where do you come from? How muh do you earn? Ih
fragte sie, was für einen Beruf sie nah dem Studium ergreifen wollten. Fast alle an-
tworteten, sie wollten Englishlehrer werden. Das ist typish für Kambodsha: Wenn
man Studenten nah ihren Berufswünshen fragt, sagen fast alle entweder Eng-
lishlehrer oder Manager, zwei Berufe, die in diesem Land hohgradig überlüssig
sind. Radebrehende kambodshanishe Sprahlehrer, die noh mehr radebrehende
Sprahlehrer ausbilden, brauht wirklih niemand. Und Manager sind ebenfalls un-
nötig, weil es nihts zu managen gibt. Verzweifelt gesuht werden dagegen: In-
genieure, Elektriker, Mehaniker, Arhitekten und Ärzte. Aber ih bin noh nie
einem Studenten begegnet, der Ingenieur werden wollte. Zuerst dahte ih, die jun-
gen Kambodshaner seien einfah uninformiert und sih selbst niht im Klaren
darüber, dass sie infolge ihrer Berufswahl später keinen Job werden inden können.
Aber dann stieß ih in einem Buh von Mihael Vikery auf diese Zeilen, welhe die
Situation des kambodshanishen Bildungssystems der Sehzigerjahren beshreibt:
Bildung repräsentierte vor allem Status, zugleih sozial wie auh ökonomish,
sofern Arbeitsplätze verfügbar waren. Ihr Sinn war niht, eine nützlihe
Tätigkeit zu erlernen, noh niht einmal in erster Linie, um Geld zu verdienen
durh das Ausüben gefragter Fähigkeiten, sondern viel mehr, ein Stük Papier
zu bekommen, das das Erlangen von einem Status atestiert, durh den man
normalerweise in der Lage häte sein sollen, einen Dienst anzutreten, durh
den Gehälter ein komfortables Leben geboten häten sowie das Reht,
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