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land sind. Im Sommer sitzen alle bis weit nah Miternaht auf der Terrasse, sehen
in die niht untergehende rot vershleierte Sonne, die den See, die Berge und die
lah an den Himmel gestrihenen Wolken unirdish shön aussehen lässt, und sind
ergriffen wie wir von der Ahnung, das Unmöglihe könne möglih werden; die Zeit
stünde still, sie säßen ununterbrohen im Liht, kaamos, die dreimonatige Dunkel-
heit, träte nie ein, und die Kinder blieben für immer auf dem ewigen Spielplatz der
Kindheit und wären niht jene müden, viel zu shnell heranwahsenden Gestalten,
die auf der nahe beim Restaurant gelegenen Spielwiese toben, nahts um halb eins.
Mit seiner Restaurantdihte kann Lappland loker mit dem Rest von Shweden
mithalten; etwa auf alle 300 Kilometer kommt ein Lokal.
Natürlih gibt man sih in den wenigen besondere Mühe. Egal, ob im »Fjällby« in
Björkliden, dessen Panoramafenster auf einen riesigen See, den Torneträsk, hinaus-
gehen, ob im »Hembygsgård«, dem Restaurant des Eishotels Jukkasjärvi, das in
einem von diken Balken getragenen ehemaligen Shulgebäude untergebraht ist,
oder auh im eleganten, ganz in Weiß gehaltenen Restaurant »he Captain's
House« in Gammelstaden, einem auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO
stehenden Kirhenstädthen aus dem 17. Jahrhundert und Ursprung der Hafenstadt
Luleå; eines haben sie alle gemeinsam: Ihre Speisekarten klingen komplizierter als
die französisher Restaurants. Sie sind Dihtung. Das erklärt wiederum die astro-
nomishen Preise der Gerihte; denn hier sind Literaten am Werk, und deren Honor-
ar ist in der Summe inbegrifen. Die Autoren solher Menüs sind allerdings niht zu
beneiden. Mit ihren poetishen bis kryptishen Formulierungen muss ihnen vor al-
lem eines gelingen: Sie müssen kashieren, dass es sih bei dem Speisenangebot
selbst in den edelsten Lokalen wieder nur um arktishen Lahs, Rentier, Elh und
Moltebeeren handelt. Wer Glük hat, darf zur Abwehslung an Saibling oder
juobmo herumdihten, einer samishen Dessertspezialität, bei der gekohtem Sauer-
ampfer Zuker und Sahne untergehoben werden.
Eine lange Tradition mündlihen Erzählens mag es den Autoren etwas leihter
mahen. Im Winter hokten die Männer früher tatenlos beisammen und spannen ihr
Jägergarn. Und auh heute sind die Winter niht kürzer geworden. Das oberste Ge-
bot dieser Mahoerzählkultur lautet: Jede Geshihte muss die des Vorgängers über-
trumpfen. Unterhaltung ist wihtiger als Wahrheit. Denn ob etwas tatsählih so
geshah, interessiert wenig in einer Gegend, in der das Leben selbst die unberehen-
barsten Formen annehmen kann. Diese Freiheit im Umgang mit der Realität wird
auh Per Olov Enquist, der aus dem nordshwedishen Dorf Hjoggböle stammt, jedes
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