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ein Bad und breite Hauptstraßen entstehen, eine Seilbahn wird den Nahverkehr be-
sorgen. Im März 2013 gewann das Stokholmer Arhitekturbüro White die Auss-
hreibung zur Planung der zuküntigen modernen Stadt. Der Entwurf
»Kiruna-4-ever« setzt auf Nahhaltigkeit und Lebensfreude und hat für den Markt-
platz den Namen »Plaza« vorgesehen. Das soll südländishes Flair in die arktishe
Landshat bringen.
Niemand sheint sih vor der Umsetzung der Stadt zu fürhten. Im Gegenteil.
Wann immer die Rede darauf kam, strahlten die Gesihter. Zuerst vermutete ih,
dass Gefühlsäußerungen mit Übertreten des Polarkreises vielleiht in ihr Gegenteil
umshlugen, so wie der Mond in bestimmten Teilen der Welt ja auh andersherum
hängt. Vielleiht war die zur Shau getragene Begeisterung eigentlih ein Ausdruk
tiefer Furht? Vielleiht war die Freude auh niht eht, sondern hämish und galt
der Bestätigung eines alten Glaubens: »Ei se kannate.« Das ist Tornedalen-Fin-
nish und heißt so viel wie: »Es lohnt sih niht. Versuh's gar niht erst. Es hat
sowieso alles keinen Sinn.« Was die bevorstehende Entwurzelung ja aufs Shönste
bewiesen häte. Die pessimistishen Sprihworte der freikirhlihen Pingstbewe-
gung sind das Einzige, was sih heute noh vom Tornedalen-Finnish gehalten hat.
In ihnen kommt eine Lebenshaltung zum Ausdruk, die die Menshen im Norden
lange Zeit prägten. Früher war das Tornedalen-Finnish Teil des im Norden üb-
lihen Sprahengemishs, ehe sih das Shwedishe durhsetzte. »Die Pingstbewe-
gung hate in Lappland die meisten Anhänger«, hate mir meine Freundin vor der
Reise in einer E-Mail warnend mitgeteilt. »Diese strenge Auslegung des evangelis-
hen Glaubens passt ofenbar gut zur Härte des Lebens da oben. Lass dih bloß
niht runterziehen!«
Meine Vermutungen waren alle falsh. Die Begeisterung galt einfah der Aus-
siht, bald niht mehr in einer öden Bergarbeitersiedlung zu leben. Außerdem
würde die Verplanzung der gesamten Stadt Kiruna endlih wieder ins Gespräh
bringen. Das war eine Sensation, die weit über den dünn besiedelten Norden hin-
ausdrang. Man würde im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen! Die letzte Sensation
liegt mehr als 250 Jahre zurük. 1726 hate ein Same namens Mangi die
Eisenerzmine entdekt. Er hate dem »weißen Mann« von Felsen aus reinem Eisen
am Kirunavara, dem Shneehuhnberg, erzählt. Die Pfeilspitze des Pfeils, mit dem er
ein Shneehuhn erlegt hate, war am Berg kleben geblieben. Für ihn war das ein Be-
weis dafür, dass dieser Berg heilig war; mögliherweise lebten seine Vorfahren hier,
in ihrer sájvva-Welt, einer Unterwelt, die für die Samen allerdings oberhalb der Erde
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