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Arien. Die große Geste, den lyrishen Tenor mit dramatishem Vibrato zu geben, auf
dass die seltenen Damenknie im Publikum weih werden und die sehr viel häuigeren
Männeraugen feuht - das hat er shnell drauf, dieser Gardel.
So wird aus dem Vorstadtbarden ein Weltstar werden, einer, der eine ganze
Musiktradition - Gardel ist gleih Tango, Tango ist gleih Gardel - verkörpern wird.
In der heiligen Vierfaltigkeit der argentinishen Nationalhelden - neben Che
Guevara, Diego Maradona und Evita Perón - ist Gardel die unshuldigste und die
unumstritenste Figur. Das, abgesehen vom Rindleish, einzige weltweit erfolgreihe
Exportprodukt, auf das nun wirklih jeder Argentinier stolz ist. Wie Diego und wie
Evita stammt er aus besheidensten Verhältnissen und wird, wie die beiden, zu einer
internationalen Glamourigur, deren Liht im eigenen Land um so heller strahlt, je
heller es im Ausland leuhtet. Und wie es sih für einen ordentlihen Helden gehört,
ist bis heute ziemlih unklar, wer dieser Mann eigentlih war.
Er heißt, wenn man der französishen Version glauben will, Charles Romuald
Gardès. Geboren ist er entweder im französishen Toulouse oder in Buenos Aires
oder in Tacuarembó in Uruguay. Und ob er wirklih 1890 das Liht der Welt erblikt
hat oder 1887 oder 1883 - auh das lässt sih genau niht sagen. Denn ein Gardel
maht sih shnell Freunde bei der Polizei und bei sonstigen Behörden, da bekommt
man problemlos den passenden Ausweis, die passenden Papiere mit dem passenden
Stempel. Damit man keinen Militärdienst ableisten muss oder um die reht einfahe
und unehelihe Herkunt im Nahhinein etwas aufzuhübshen, kann es eben von
Vorteil sein, Geburtsdatum und -ort etwas umzufrisieren. Die heute amtlihe Version
lautet jedenfalls, dass ebenjener Charles Romuald Gardès am 11 . Dezember 1890 ,
einem Donnerstag, im Krankenhaus Saint Joseph de la Grave in Toulouse auf die
Welt gekommen ist. Und dass die Muter Berthe Gardès mit ihrem kleinen Sohn an
Bord des Dampfshifes Dom Pedro am 11 . März 1893 im Hafen zu Buenos Aires
einläut.
Aber war sie auh wirklih die leiblihe Muter? Oder ist er niht doh als unehe-
liher Sohn eines uruguayishen Obristen auf die Welt gekommen? Vielleiht wird es
die Welt nie erfahren, denn die argentinishen Gerihte haben bislang die uruguay-
ishen Biten auf eine DNA -Probe, mit der nahzuweisen wäre, ob Gardel und die
Gardès wirklih von einem Blute sind, stets abgeshmetert. Gardel selbst hat die
Sahe auh niht wirklih klarer gemaht, als er sagte: »Ih bin in Buenos Aires, Ar-
gentinien, geboren - im Alter von zweieinhalb Jahren.«
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