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lassen, schenkte ich kein Gehör, zu emsig und wie vom Teufel geritten war ich versunken in mein Tun.
Wieder und wieder fuhr und kratzte ich zwischen und um ihre Beine, bis sie schließlich, mich strafend
anblickend, am Haus vonEmmas Großmutter Edlinger,welches, zwei Häuser vondem meinen entfernt,
am Anfang der Kellergasse, also „hintaus“ lag, angelangt waren und, endlich von meinen Reisiggerten
erlöst, durch die Tür ins Innere des Hauses verschwanden.
Am nächsten Tag kam Heinz wie jeden Tag zu mir und bot mir an, mit seinem noch immer recht neuen
Fahrrad, das er sonst doch noch nie aus der Hand gegeben hatte, die Kellergasse entlang und wieder zu-
rückzufahren.DaichnieeineigenesFahrradbesessenhatte -wennmaneinmalvonderzusammenmit
Franz aus alten Teilen selbst zusammengebastelten und bald kaputten Schrottkiste absieht -, war ich vor
Freude schier nicht zu halten. Das Rad von Heinz stand etwas versteckt im hinteren Schuppen. Als wir
dort ankamen, war zu meinem Erstaunen auch der langweilige Herbert da. Der Griff nach dem Fahrrad
wurde mir mit zwei Birkenruten verwehrt. Dann schlugen beide mit ihren Birkengerten auf mich ein.
Meine Freunde, mit denen ich beinahe jeden Tag Schelmereien, Dummheiten und allerlei Verbindendes
und Verbotenes unternommen hatte, verletzten nun meinen Körper und meine Seele auf das Äußerste.
Schlugen auf mich ein und befahlen mir dabei, mich bei ihren Müttern für mein Verhalten am Vortag
zu entschuldigen. Demütigten und kränkten mich für etwas, was ich als Scherz und Schabernack be-
trachtet hatte. Für etwas, was wir in ganz ähnlicher Form bei anderen Leuten - der Pfarrersköchin, dem
Schickler-Ferdl, dem alten Sandiger - mit Schadenfreude und Listigkeit gemeinsam getrieben haben.
Meine Schmach wurde noch größer, als ich meine erste große Liebe, Emma, durch den Türspalt sah, die
mein Gewinsel, Gejammer und Um-Gnade-und-Vergebung-Flehen mit Sicherheit gehört hatte.
Kratzende Grannen und fiepende Mäuse
Von den vielen goldgelben Feldern, die im leichten Sommerwind wiegten und wogten, waren zwei die
unseren und mussten bei der Getreideernte in den heißen Julitagen von uns geschnitten werden. Am
Abend zuvor dengelte mein Stiefvater seine Sensen, mit denen er am nächsten Tag ins Feld ging. Beim
Sensendengeln pfiff er vor sich hin. Auf einem alten Schusterstockerl sitzend, einen kleinen Amboss
zwischen den Beinen und einen alten Eisenhammer in der Hand, mit dem er mit gezielter Wucht in
gleichmäßigem Takt auf den inneren Sensenrand schlug, stieß er laute, unangenehm atonal klingende
Töneaus.BeinaheausjedemHaus,jederScheuneoderjedemHofhörtemanwährendderErntezeitdie-
se gleich klingenden Dengeltöne. Mit verschieden klingenden Pfeif- und Summtönen vermischt, hatte
das Ganze den Charakter einer ungeübten Dorfkapelle.
Als Erstes war die Gerste zu ernten. Glücklicherweise der kleinste Teil des Getreides. Die Gerstenähren
hatten starke, mit Widerhaken behaftete Grannen - wir nannten sie Gradn -, die an und in jedem Klei-
dungsstück stecken und hängen blieben, kratzten und juckten. Wenn ich mir mit den Fingern ins Ge-
sicht griff, hatte ich hinterher stachelige kratzende Gerstengrannen im Haar und in den Augen. Selbst
im Mund, unter der Zunge oder am Gaumen waren sie und kratzten und waren nur mit Mühe wieder
herauszukriegen. Später, wenn der Weizen zu ernten war, fiel dieses lästige Problem größtenteils weg,
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