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Die erzkatholischen, beinahe bigotten Peterkas gingen jeden Sonntag in die Kirche. Wenn sie das Haus
verließen und die Dorfstraße entlangkamen, hatten sie schon weithin sichtbar den Rosenkranz in den
Händen. Ein Bild der Frömmigkeit. Saßen immer in der ersten Reihe, Aug' in Aug' mit dem Pfarrer,
Pater Gregor Bolognia. Bei einem sommerlichen Hitzegewitter hat in ihrem Haus einmal der Blitz ein-
geschlagen und alle sind in der Küche gestanden und haben gebetet. Selbst die Bärbel, die ans Bett ge-
fesselte entfernte alte Tante, wurde in ihrer Kammer auf ein breites Holzbrett verfrachtet, in die Küche
getragen und zwischen zwei Stühlen unter das Kruzifix über der Sitzecke gelegt.
Um Gott ihren Dank dafür zu erweisen, dass alles nochmal gutgegangen war, haben die Peterkas dann
amnächstenSonntagdenPfarrerzumMittagesseneingeladen.WärenwirunseremHerrgottnichtsozu-
getan, hat die Bärbel zum Pfarrer gesagt, wäre das ganze Haus abgebrannt. Wolfgang, der jüngste der
drei Söhne, wurde ins Stift Melk geschickt; er sollte Priester werden. In dieser Zeit hatte er ein Liebes-
verhältnismiteinemMädchen,dasschwangerwurde,womitsichdiePriesterlaufbahnerledigthatte.Die
Sache sprach sich im ganzen Dorf herum. Dabei hatte seine Mutter, die eine ehrliche, durch und durch
christliche Seele hatte, die schwarze Soutane und den weißen Kragen schon genäht.
Auch ich habe mich übrigens immer vor Gewittern gefürchtet, weil ich wusste, dass mein Stiefvater so
unchristlich war, und daher dachte ich bei jedem Gewitter, der Herrgott müsse ihn nun dafür bestrafen
und einen feurigen Blitz in unser armseliges Haus hineinjagen und den Donner laut übers Land grollen
lassen.
Das schwarze Kreuz, die Palmkätzchen und der richtige Weg
Mein immer wieder Hilfe suchender Blick auf das schwarze Holzkreuz über dem Küchentisch, mit dem
aus hellem Holz geschnitzten dornengekrönten und gekreuzigten Christus drauf, das meine Mutter für
ihr letztes erspartes Geld bei einem vazierenden Händler gekauft und dann zur Kirche nach Gettsdorf
gebracht hatte, um es weihen und segnen zu lassen, sollte mir, wie so oft in meiner Not, wieder gnädig
und barmherzig sein.
Mein Stiefvater band mir auf meine Bitte hin an einem guten Tag aus Palmkätzchen die Palmsonntags-
buschen, mit denen ich am kommenden Festsonntag in der Kirche zur Weihe gehen wollte. Wenn er am
Samstag vor Palmsonntag in seine Tätigkeit vertieft am weiß lackierten Küchentisch mit der abgestoße-
nen grün gesprenkelten Resopalplatte saß, empfand ich ihm gegenüber beinahe versöhnliche Gefühle.
Tage vorher schon hatte er die schönsten und prächtigsten Weidenkätzchen an den Feldrändern gesucht
und geschnitten, um sie dann zu Hause zu binden. Die fast zwei Meter langen Ruten mit den vielen
prächtigen, weißflauschigen Knospen, den Kätzchen, schnitt er auf gleiche Länge zurecht und wässerte
sie gut ein, damit sie auch lange frisch blieben und die Kätzchen noch praller und schöner austrieben.
Dann nahm er den gut und intensiv nach Weihrauch und Harz riechenden Segenbaum, den er Söder-
baum nannte - eine Wacholderart -, ein wenig Immergrün und etwas Buchsbaum, drapierte das frische
Grün um das untere Drittel der Weidenruten und band es mit Bastbändern fest. Jeden der fertigen Palm-
kätzchensträuße betrachtete eranschließend mit einer Gebärde, dieGenugtuungundSelbstzufriedenheit
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