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„Franzl,armerFranzl,bleibbeimir“gerufenhatte,bevordannsehrbaldschonsiezuihmkam,undfühl-
teförmlichbereits,wiemanmichindietiefeGrubeversenkteundmitvielkalterErdezuschüttete.Doch
war da der kleine Unterschied, dass meine Großmutter ganz sicher tot gewesen war, während ich nun
lebendigbegrabenwurde.MeinegellendenHilferufewirdmannichthören!IchwerdevorVerzweiflung
mein Gesicht zerkratzen und mir die Hautfetzen herunterreißen! Doch es half alles nichts, unter Protest
schlief ich schluchzend ein. Meine Mutter hielt meine Hand, aber es tröstete nicht.
Als ich nach einiger Zeit wieder wach wurde, trug ich einen dicken Verband am Ellbogen und unter der
Liege war eine große Pfütze. Ich lebte zwar noch, doch hatte ich mir vor Angst die Hose genässt.
Meine Mutter nahm einen Lumpen, um alles wieder aufzuwischen, und dabei weinte sie.
Ich wollte Fische fangen wie der goldene Petrus
DieletzteUnterrichtsstundeamMittwochwarReligionsunterrichtundderVorbereitungaufunsereerste
heilige Kommunion gewidmet. Wenn er die Klasse betrat, so verlangte es unser Pfarrer und Religions-
lehrer, Pater Gregor Bolognia, musste jedes Kind den Katechismus und die Biblische Geschichte auf-
geschlagen vor sich auf der Bank liegen haben. Einmal hatte mein Freund, der Meidler-Max, der etwas
kleiner war als ich und aufgrund der asiatischen Abstammung seines Großvaters sommers wie winters
eine hellbraune Hautfarbe hatte, die Biblische Geschichte zu Hause vergessen, und ich wusste, das wür-
de den heiligen Zorn des Pfarrers wecken. Nach seinem Eintreten schritt der Pater prüfend durch die
Bankreihen. Wenn er ging, hielt er immer die Hände unter seiner schwarzen Soutane gefaltet, damit die
linke Hand nicht zittern konnte - er litt in vorgeschrittenem Stadium an der Parkinson-Krankheit, und
das krankheitstypische Zittern machte sich in seiner linken Hand besonders bemerkbar. Wenn er aufge-
regt war, zitterten beide Hände unter der Soutane und die älteren Buben und Mädchen lachten hinter
vorgehaltener Hand. Als er auf seinem Prüfgang bemerkte, dass Max keine Biblische Geschichte vor
sich auf dem Pult liegen hatte, nahm er das mit rotem und blauem Farbstift bekritzelte Holzlineal, das
auf Max' Pult oberhalb des Katechismus lag, und schlug dem Max damit dreimal auf die Finger, wobei
er jedes Mal „Gelobt sei Jesus Christus“ murmelte.
Sechs Wochen waren es noch bis zur Kommunion. Zu diesem Anlass bekam ich meinen ersten Anzug
mit langer Hose. Alles war vorbereitet. Allein das weiße Hemd musste meine Mutter noch im Kaufhaus
Königsberger in Ziersdorf kaufen, doch noch konnten wir es uns nicht leisten. Ich hoffte, dass sie das
dafür nötige Geld in den sechs Wochen bis zum großen Fest noch zusammenbekommen würde. Eine
Kommunionskerzehatteichschon.EinZweigleinImmergrün,mitkleinenweißenKnospenausKerzen-
wachs besetzt, war mit einem roten Band um die vordere Seite der Kerze herumgebunden, und über das
Immergrünzweiglein war ein kleines silberumrandetes Bild geklebt, das Jesus im grauen Hirtenmantel
zeigte, einen gebogenen Stock in der Hand und ein weißes Lamm zu seinen Füßen.
Wirwarenacht Bubeninderzweiten Klasse. Vorunsererersten heiligen Kommunion amWeißen Sonn-
tag, dem Sonntag nach Ostern, mussten wir beichten. Ohne Beichte durften wir das heilige Sakrament
nicht empfangen. Ich hatte Angst. Was war Sünde und was war keine Sünde? Der Herr Pfarrer meinte,
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