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Angenähert haben sich Großbritannien und Irland im 21. Jahrhundert längst, Partner in
einer globalisierten Welt sind sie politisch und wirtschaftlich allemal. Aufgrund der
demographischen Entwicklung Nordirlands und der höheren Geburtenrate unter Katholiken ist es
nur eine Frage der Zeit, bis Ulster sich neu definieren muss. Hoffnungsträger wie Schulen, die
von protestantischen und katholischen Kindern gemeinsam besucht werden, und Wohnbezirke
ohne Mauern sind bisher allerdings nur seltene Lichtblicke. Von einem historischen Vorbild
wollte man lernen, als 2008, ähnlich der südafrikanischen Wahrheits- und
Versöhnungskommission nach dem Ende der Apartheid, eine Kommission unter Leitung eines
anglikanischen Erzbischofs und eines katholischen Priesters eingerichtet wurde. Sie sollte
ungeklärte Todesfälle, Anschläge und Polizeiirrtümer untersuchen und Nachkommen der
Todesopfer finanziell entschädigen. Man konnte sich jedoch nicht einigen, ob Opfern und Tätern
zu gleichen Teilen Respekt gezollt werden sollte. Das Bedürfnis nach echter Versöhnung war
noch nicht stark genug.
Irland in Europa und der Welt
Die Frage, wie die irische Teilung aufgefangen werden konnte, stellte sich schon früh
auch in internationaler Perspektive. Um international attraktiv zu sein, musste Irland sich
modernisieren. Im Rahmen einer intensivierten Industrialisierung wurde 1927 das Stromnetz
zentralisiert und auf viele Privathaushalte ausgeweitet. Zur gleichen Zeit entstanden
Wasserkraftwerke an den großen Flüssen Shannon, Liffey, Lee und Erne, denn Torf und in
geringerem Maße Kohle bildeten noch immer die wichtigsten Energielieferanten. In den 1980er
Jahren wurde eine Naturgasquelle an der Atlantikküste erschlossen, die Irlands Abhängigkeit von
Ölimporten mindern sollte. Um den Primärenergiebedarf zu decken, wurden 1984 etwa 60 % der
benötigten Energieressourcen importiert, 40 % wurden über die Eigenversorgung mit Naturgas,
Wasserkraft und Torf gedeckt. Der Torfvorrat dürfte bis etwa 2020 abgebaut sein.
Traditionell gediehen im modernen Irland die Kleidungs-, die Nahrungsmittel- und die
Tabakindustrie, Gerbereien, Mühlen, Brennereien und Brauereien. Die Dubliner
Guinness-Brauerei ist heute die größte Europas und der größte Bierexporteur der Welt. 1926 war
der Irische Freistaat jedoch noch überwiegend ein Agrarland, und lediglich jeder zehnte
Arbeitnehmer war im produzierenden Gewerbe tätig - verglichen mit 35 % in Nordirland.
Konzentrierte sich die Industrie auf Städte mit Überseehäfen, so sollten Schutzzölle eigene
Produkte und die heimischen Arbeitsplätze begünstigen. Doch diese Politik konnte nicht
erfolgreich sein, solange zu geringe Mengen einer zu kleinen Diversität von Produkten für einen
zu kleinen Markt hergestellt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg beflügelte das wirtschaftliche
Wachstum die Metall- und die Chemieindustrie, außerdem den Maschinen- und Gerätebau und
die Produktion von Zement und Glas.
Irlands industrielle Revolution seit den späten 1960er Jahren hätte aber ohne
ausländisches Kapital und Wachstumsbranchen wie die Hochtechnologie nicht stattgefunden.
Allein zwischen 1960 und 1978 siedelten sich 656 Firmen an, davon 215 aus den USA, 176 aus
Großbritannien und 99 aus Deutschland. 1988 hatte sich die Zahl auf 900 erhöht (darunter 130
deutsche). Auch die Niederlande, Schweden, die Schweiz, Frankreich, Japan, Südkorea,
Neuseeland und Kanada investierten in die neuen Branchen wie Elektro- und Pharmaindustrie,
Telekommunikation, moderne Nahrungsmittelindustrie, Datenverarbeitung und Medien. Damit
schufen sie fast ein Viertel aller neuen Arbeitsplätze.
Das irische Erfolgsrezept hieß rigorose Haushaltsdisziplin, Senkung der
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