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ausfindig, in denen das Irische noch als erste Sprache gesprochen wurde. Doch gerade im
Westen, wo das Gälische noch stark präsent war, war der Bevölkerungsrückgang besonders
gravierend. 1926 war die Bevölkerung von Connacht im Vergleich zu 1841 auf 39 %
geschrumpft, 1979 sogar auf 29 %. Ungeachtet der staatlichen Förderprogramme nahmen die
gälischen Sprachkenntnisse kontinuierlich ab. 1956 sprachen noch ungefähr 85.700 Iren gälisch,
1971 waren es knapp 70.000. Doch sowie die antiquarischen Wissenschaften etabliert hatten,
dass es ein eigenständiges Irland vor der angelsächsischen Kolonisierung gegeben habe, das
erheblich zur Kultur und Gelehrsamkeit des frühmittelalterlichen Europas beigetragen habe,
leitete die Politik daraus das Recht auf einen eigenen Staat ab.
Douglas Hyde, der Dichter und Präsident Irlands von 1937 bis 1945, war in den
Zwischenkriegsjahren eine treibende Kraft bei dem Bestreben, seine Landsleute für das Gälische
zu begeistern. In Musik und Tanz, in Grußformeln und in Kirchengebeten, in den Schulen und in
der Erwachsenenbildung sollte eine autochthone Identität gestiftet werden, die das Irische vom
Englischen abgrenzte. Dass das nur sehr eingeschränkt gelang und die gälische Sprache zwar
vorübergehend unter Intellektuellen wie Yeats und Lady Gregory für Faszination sorgte, zugleich
aber in der ländlichen Bevölkerung von Connacht und Munster deutlich zurückging, lag auch an
der globalen Bedeutung des Englischen. Die Anglisierung Irlands nach der Gründung des
Freistaats rückgängig zu machen und dabei die wachsende politische, wirtschaftliche und
kulturelle Bedeutung der Iren in den USA zu ignorieren, war weder möglich noch sinnvoll.
Bereits 1923 wurde der Irische Freistaat in den Völkerbund und andere internationale
Organisationen aufgenommen. Damit wurde ihm nicht nur weltweiter Respekt gezollt, sondern
auch seine Fixierung auf den englischen Nachbarn ein Stück weit gelöst. Zugleich hatte
innenpolitisch Arthur Griffiths Tod 1922 eine große Lücke hinterlassen. Dem charismatischen
Führer des politischen Kompromisses, der sich stets an dem historischen Vorbild des
österreichisch-ungarischen Ausgleichs (1867) orientiert hatte, folgte William Cosgrave, der
ebenfalls das Ziel hatte, ganz Irland auf friedlichem Weg für den Vertrag mit Großbritannien zu
gewinnen. Sein stärkster politischer Gegner, Éamon de Valera, war dennoch erfolgreicher darin,
die republikanische Stimmung auf sich zu ziehen, womit er den politischen Konflikt unweigerlich
verschärfte. Er trennte sich von Sinn Féin, dem legalen Flügel der Irish Republican Army (IRA),
und gründete 1926 eine neue Partei, Fianna Fáil, die eine protektionistische Wirtschaftspolitik
und gemäßigte soziale Reformen versprach. Mit der Irish Press schuf er 1931 eine Tageszeitung,
die schließlich 1933 maßgeblich zur Erreichung der parlamentarischen Mehrheit beitrug. Sie
konkurrierte mit der Irish Times (gegründet 1859), dem protestantischen Organ des irischen
Bildungsbürgertums, das auf Issac Butts moderate Home-Rule-Bewegung zurückging.
Als de Valera sein Anliegen, den Eid auf die britische Monarchie abzuschaffen, umsetzen
wollte, brach ein Zoll- und Handelskrieg zwischen dem Irischen Freistaat und Großbritannien
aus, der bis 1938 dauerte. Durch die Abdankung König Edwards VIII. war die britische
Monarchie 1936 in eine Krise geraten, und ihre momentane Schwäche entpuppte sich als Vorteil
für Irland. Zu seinem Nachteil geriet hingegen, dass infolge der Weltwirtschaftskrise von 1929
Neuinvestitionen im Land größtenteils ausblieben. Großbritannien erhob hohe Zölle auf
südirische Agrarexporte, seit die irische Regierung die noch aus dem 19. Jahrhundert
stammenden Zwangsabgaben der Bauern an englische Gutsbesitzer aufgekündigt hatte. Ulster
profitierte von der Intensivierung der Exporte und damit der Beziehungen zu den Briten, während
sich die Zölle auf die wirtschaftliche Infrastruktur im Süden und die dortigen Arbeitslosenzahlen
negativ auswirkten.
Nur parteipolitisch konnte Fianna Fáil aus dem anglo-irischen Konflikt Nutzen ziehen und
sich als eigentlich staatstragende und populärste Partei etablieren. De Valera war irischer
Premierminister (Taoiseach) zwischen 1932 und 1948 sowie 1951-1954 und 1957-1959. In seine
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