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unumstrittener Anführer wurde der Protestant Theobald Wolfe Tone, Autor des Argument on
Behalf of the Catholics of Ireland (1791) und irischer Sansculotte, der das Prinzip eines die
Konfessionen übergreifenden liberalen Republikanismus verfocht. Tone wollte ein französisches
Expeditionskorps an die Küste der Grafschaft Donegal führen, wurde aber von der Royal Navy
abgefangen.
Bemerkenswert an Tone und seinen Mitstreitern war ihr relativ moderater Ansatz, der in
der geistigen Tradition von John Locke und Immanuel Kant Toleranz, Abschaffung der Sklaverei
sowie Meinungs-, Rede- und Religionsfreiheit forderte. Den jakobinischen Radikalismus der
französischen Revolutionäre in den Jahren 1792-1795 lehnte Tone dagegen ab. Die politische
und rechtliche Emanzipation der Katholiken würde, so meinte er, die spirituelle und moralische
Regeneration Irlands herbeiführen.
Ein anderer begnadeter Redner der United Irishmen war Robert Emmet, der sogar mit
Napoleon und Talleyrand Kontakt aufnahm. Das Sektierertum, die Geheimgesellschaften und der
Kampf im Untergrund besaßen durchaus revolutionäres Potential, ergriffen mit ihren
antimonarchischen Ideen jedoch nicht die einfache irische Bevölkerung und waren insgesamt zu
schlecht koordiniert. Vielerorts identifizierten die katholischen Iren sich mit der Monarchie, wie
sie sich schon in der Zeit des Bürgerkriegs Mitte des 17. Jahrhunderts loyal gegenüber Karl I.
verhalten und so viel Abscheu für Cromwell verspürt hatten wie nun für die Terreur der
Französischen Revolution.
Die lokalen Aufstände von 1798 wurden durch die Engländer teils drakonisch
niedergeschlagen. Am Ende der Epoche blieb eine geteilte, aber geschichtsmächtige Erinnerung:
Aus irischer Sicht symbolisierte die gescheiterte Rebellion von 1798 wie der nicht eingehaltene
Vertrag von Limerick (1691) Englands prekäres Verhältnis zum katholischen Irland mit dessen
Streben nach Emanzipation. Auf protestantischer Seite weckte das Jahr 1798, in dem es auch zu
Massakern an Protestanten kam, Erinnerungen an den blutigen Aufstand der Katholiken von 1641
und rechtfertigte so scheinbar Gegengewalt als Reaktion auf Gewalt.
Aber auch an das protestantisch beherrschte Irland ließ sich nach 1800 in der Erinnerung
nicht mehr recht anknüpfen. Das Parlament war verloren, auch weil seine Abgeordneten sich mit
Geld und Ämtern hatten bestechen lassen und die parlamentarische Union mit Großbritannien
selbst unterstützt hatten, weil ihnen gedroht wurde, ihre Peerwürde werde durch unzählige
Neuerhebungen in den Adelsstand belanglos. Administrative Ineffizienz, Korruption und
Günstlingswirtschaft - das waren bekannte Phänomene einer imperialen, von einem
technokratischen Selbstverständnis noch weit entfernten Bürokratie. Charles Cornwallis hatte
dies in Indien und an anderen Stationen des Empires gelernt, bevor er Lord Lieutenant of Ireland
(1798-1801) wurde, um hier die Union zu erzwingen.
Weniges kontrastierte mit der Niederlage Irlands so deutlich wie der Pariser Frieden von
1783, der Amerikas Unabhängigkeit, für die viele Iren gekämpft hatten, besiegelte. Das
georgianische Dublin, die Zivilisation der Ascendancy, verfiel, so wie seine einst prächtige
Architektur baufällig wurde. Zugleich suchte die politische und gesellschaftliche Elite ihr Glück
in der Emigration. Henry Grattan wurde Abgeordneter im Parlament von Westminster. Für
Dublins Überleben wurde nun die Union mit England wesentlich, gegen die man doch seit dem
17. Jahrhundert kontinuierlich gekämpft hatte.
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