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Die protestantische Dominanz war nicht identisch mit einer vollständigen Abstinenz der
Katholiken. Im Gegenteil. Die Strafgesetze gegen die katholische Bevölkerung, sosehr sie die
englische Willkürherrschaft illustrierten, warfen ein zwar weites, jedoch kein dichtes Netz
politischer, sozialer und ökonomischer Verordnungen über Irland aus.
Katholiken sollten von fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens ausgeschlossen
bleiben. Schon seit 1690 mussten die irischen Parlamentsabgeordneten in London einen Eid
gegen die päpstliche Suprematie leisten, und 1704 verloren die Katholiken weitgehend alle Erb-
und Pachtrechte. Seit 1729 besaßen selbst Grundbesitzer kein Wahlrecht mehr. Fortan war die
öffentliche politische Meinung eine ausschließlich protestantische Angelegenheit.
Nischen ergaben sich gleichwohl, nicht zuletzt im ökonomischen Leben. Katholiken war
es durchaus möglich, sich bis in die Mittelschichten hochzuarbeiten. Da die Strafgesetze
vornehmlich eine Fortsetzung des antijakobitischen Verfolgungswahns seit dem späten
17. Jahrhundert waren und die jakobitische Gefahr seit 1745 gebannt war, entspannte sich das
Verhältnis zwischen Protestanten und Katholiken seit den 1760er Jahren deutlich. Die
berüchtigten Vorgaben, kein Katholik dürfe eine Waffe besitzen und keiner ein Pferd, das mehr
als fünf Pfund wert sei, waren in der Praxis kaum durchsetzbar. Sie waren eher dazu geeignet,
dem System der Gesetze eine einheitliche Gestalt zu verleihen. Dennoch wurden aus den
konfessionellen Barrieren mit der Zeit soziale Identitäten. Denn die relative Liberalisierung des
Alltags war nicht gleichbedeutend mit Toleranz oder Integration.
Die Befürworter für diese Abgrenzung fanden sich nicht in London oder im Dubliner
Schloss, sondern unter den irischen Protestanten selbst. Deren Furcht, die englische Politik
behandele das katholische Irland zu nachgiebig, war nicht unbegründet. Die demographischen
Fakten sprachen für sich: Mehr als drei Viertel der Bevölkerung Irlands waren in der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts katholisch, doch weniger als 14 % davon besaßen Land. Anzeichen
für eine tiefer greifende Institutionalisierung des Katholizismus in der irischen Gesellschaft gab
es schon um 1750, als an verschiedenen Orten Priesterseminare eingerichtet wurden. Die
Gründung von Maynooth westlich von Dublin 1795 bildete einen konsequenten Höhepunkt
dieser Entwicklung mit zwei Stoßrichtungen: Zum einen wollte man eine gesellschaftliche
Neufundierung des Katholizismus erreichen, zum anderen aber suchte man, sich gegen den
traditionellen, insbesondere auf dem Land und westlich des Shannon übermächtigen
Altkatholizismus abzugrenzen. Politisch wirksam wurden diese Ansätze aber erst seit Beginn des
19. Jahrhunderts. Vorerst behielt die protestantische Elite in allen politischen Dingen die
Oberhand. «Wer trägt dafür die Verantwortung, dass das arme Irland weiterhin arm bleibt?»,
fragte Bischof Berkeleys Querist .
Wirtschaft und Handel
Ernteausfälle verursachten in den Jahren 1728/29, 1740/41, 1744/45 und 1756/57 Krisen
und Hungersnöte. Die Gesetze gegen den Export irischen Viehs nach England (1663, 1666)
sowie irischer Wollwaren ins Ausland generell (1699) hatten zwar längst ihre Wirkung
eingebüßt. Dennoch blieb das katholische Irland vor allem aufgrund von Kapitalmangel und
Rohstoffarmut rückständig. Von englischer Seite verhängte Handelsembargos waren der
politischen Tageslage geschuldet und auch für die Engländer eine zweischneidige Sache. Z.B.
war die Royal Navy der größte Abnehmer von irischem Rindfleisch, das zu einem imperialen
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