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unmissverständlich klar. 1691 veröffentlichte er die Streitschrift State of the Protestants of
Ireland under the Late King James's Government , eine anglikanische Bastion gegen die
katholische und die presbyterianische Glaubenskonkurrenz, aber auch ein Einspruch gegen die
englische Bevormundung bei der Vergabe von Kirchenämtern und für eine selbstbewusste
Stellung der Church of Ireland. Kings Vorgänger Narcissus Marsh erkannte die Bedeutung des
Theologiestudiums für die politische Kultur und schuf 1701 die erste öffentliche Bibliothek
Irlands, Marsh's Library. Mit über 25.000 Büchern wurde diese Bibliothek gleichsam zu einer
Verteidigungsanlage des irischen Protestantismus. So hatte diese nicht unproblematische Position
gleichwohl positive Auswirkungen auf das Geistesleben der Ascendancy im Ganzen.
Unter «Ascendancy» war eine soziale, professionelle Elite zu verstehen, die sich über ihre
exklusive Zugehörigkeit zur Staatskirche definierte. Wie der Zeitgenosse Richard Cox in
Hibernia Anglicana (1689) beobachtete, konnten dazu Familien mit normannischen Wurzeln
ebenso wie die New English gehören und auch Siedler aus der Zeit Cromwells, solange man sich
auf den kleinsten gemeinsamen Nenner des vorbehaltlosen Antikatholizismus einigte. Somit war
die Ascendancy nicht ethnisch definiert, sondern eine soziale Schicht mit politischen
Zukunftsvorstellungen, deren Identität sich zugleich aus der Vergangenheit mit
geschichtsmächtigen Schlüsseldaten speiste. Der Bischof von Cloyne, George Berkeley, Autor
des Treatise Concerning the Principles of Human Knowledge (1710) und des Querist (1735),
brachte das auf den Punkt, als er die Isolation der anglo-irischen Ascendancy als Ausweis ihrer
Individualität pries.
Soziale Unsicherheit hatte einen wesentlichen Anteil am Bedürfnis der Ascendancy nach
politischer Dominanz sowie der Verteidigung ökonomischer Privilegien. Protestantische
Familiendynastien, ein kultureller und wirtschaftlicher Elitismus, die Besetzung politischer und
administrativer Schlüsselpositionen, die Architektur prächtiger Landhäuser als Symbol sozialer
In- und Exklusion, die persönliche Identifikation mit dem Land und seiner Erinnerungskultur -
selbstbewusster konnte sich eine Minderheit in keinem anderen von England abhängigen Land
zeigen, sieht man vom frühkolonialen Virginia und dem Selbstwertgefühl der Siedlerbewegung
in Amerika ab. Längerfristiger Erfolg war diesem Dominanzstreben 1782 im protestantisch
kontrollierten Parlament von Henry Grattan beschieden. Kurzfristig aber wurde es von Jonathan
Swift literarisch verarbeitet. Noch vor der englisch-schottischen Realunion von 1707 verfasste er
seine dann 40 Jahre später gedruckte Story of the Injured Lady (1746), eine Aufforderung zur
Emanzipation und Gleichstellung Irlands mit England. Ob Swifts Schriften deshalb als Kritik an
Englands kolonialer Zivilisierungsmission gedeutet werden können oder als Ausdruck einer
romantischliberalen Humanität, ist offen. Er war wohl weder ein Antikolonialist noch ein
Proto-Nationalist, sondern vor allem ein bissiger Satiriker.
Der Katholizismus übersah genau wie der Protestantismus, dass es neben ihnen noch eine
dritte Kraft gab, nämlich die der religiösen Nonkonformisten, der «Dissenters», wie z.B. der
Presbyterianer und der Quäker. Diese wurden von sämtlichen staatlichen Ämtern ausgeschlossen,
wogegen sie mit der Begründung protestierten, sie hätten 1688 an der Niederlage des
Katholizismus mitgewirkt. Swift dagegen argumentierte in The Presbyterian's Plea of Merit , dass
der religiöse «Dissent» sich stets auf die Seite schlage, von der er als Minderheit am meisten
Entgegenkommen erwarten könne. Das mache ihn im Ergebnis unglaubwürdig und
unberechenbar.
In der konfessionellen Vielschichtigkeit lag trotz aller Konflikte ein intellektueller und
ästhetischer Reiz des irischen 18. Jahrhunderts. In das europäische Irlandbild zur Zeit des Ancien
Régime flossen unterdessen stereotype Eindrücke ein, so etwa in Diderots und d'Alemberts
Encyclopédie , wo Irland eine «extreme Dekadenz» zugeschrieben wurde. Mit Verweis auf
England sparte auch Voltaire nicht mit Kritik an der Staatskirche, bescheinigte aber dem
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