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Schon seit einiger Zeit hatten sich die englische Kolonisierung («Plantation») und der
irische Widerstand dagegen als zwei feste Größen nicht nur des Alltags, sondern auch des
politischen Denkens etabliert. Mithin galten «irisch» und «katholisch» als synonym, wie
politische Abhandlungen auf beiden Seiten der Irischen See bezeugen. Vor allem in den
Provinzen Munster und Ulster wies das englische Siedlungsprogramm Land neu zu. Dabei hing
die Zustimmung zum Kolonisierungsprozess primär von der Akzeptanz des protestantischen
Glaubens ab.
Nachdem ab 1607 die meisten katholischen Grafen die Insel fluchtartig verlassen hatten,
galten die verbliebenen katholischen Landbesitzer als Sicherheitsrisiko. Jakob I. erließ 1609 für
Ulster die Vorschrift, jeweils zehn englische protestantische Familien sollten ein Gebiet von der
Größe von 1000 Morgen bewirtschaften und Haus und Hof wie kleine Festungen anlegen. Aus
diplomatischer Rücksichtnahme auf die katholischen Mächte Europas verhielten sich er und sein
Nachfolger Karl I. andererseits nicht so doktrinär, dass es keine Ausweichmöglichkeiten im
Alltag gegeben hätte. Bis 1641 sollen fast 150.000 Neuengländer gezielt angesiedelt worden sein.
Die Besiedlung Ulsters war besonders durchgreifend, indem hier bereits nach kurzer Zeit
die gälische Bevölkerung nicht einmal mehr Land pachten durfte und schon zuvor von englischen
und schottischen Pächtern verdrängt wurde, die längere Verträge mit weit besseren Bedingungen
erhielten. Das betraf besonders die Grafschaften Armagh, Cavan, Coleraine, Down, Fermanagh
und Tyrone. Und die Profite blieben nicht aus. Landbesitz in Irland zahlte sich im holländischen
Holzhandel aus, während Vieh nach England exportiert wurde. Zugunsten des Aufbaus der
englischen Marine (Royal Navy) wurde innerhalb weniger Jahrzehnte der Waldbestand Irlands
massiv gerodet. So wandelte sich im Laufe des 17. Jahrhunderts auch das Erscheinungsbild der
irischen Landschaft grundlegend.
Je stärker die Old English verdächtigt wurden, sich von England mental zu entfernen,
umso ausgeprägter passten sie ihre Gebräuche, ihre Kleidung, Speisen, Freizeitgewohnheiten,
kulturellen Vorlieben und sogar die Architektur ihrer Häuser stets von neuem den aktuellen
Moden in England an. Der Rezeption der Kultur des Nachbarn ging dabei die Reflexion auf die
eigene Rolle und Funktion im kolonialen Umfeld voraus. Diese Elite fuhr in Pferdedroschken
vor, wenn sie Hof und Land ihrer Pächter begutachtete, nicht in Ochsenkarren, und sie ließ sich
auf Familienfriedhöfen mit prächtigen Grabmalen bestatten, um ihre Bedeutung für den Ort ihres
Wirkens zu unterstreichen. Einmal mehr erwies sich der lokale Raum als Prüfstein für die
Effizienz der Anglisierung. Gelang diese, wurde auch der Katholizismus in Maßen toleriert.
Gelang sie jedoch nicht, kam es zum Krieg. In erster Linie von konfessionellen, weniger
von kulturellen Faktoren bestimmt, zeigten sich Mitte des 17. Jahrhunderts die Gegensätze immer
deutlicher. Als Thomas Wentworth, der spätere Earl of Strafford, als Statthalter in Irland
zwischen 1633 und 1641 die Aufgabe in Angriff nahm, die ganze Insel zur königlichen
Einnahmequelle zu machen, glaubte er, mit gemeinsamem, überkonfessionellem Widerstand
rechnen zu müssen. Der aber stellte sich nicht ein. Denn einerseits erreichte die altgläubigen Old
English die Nachricht, dass der König sie im Falle der Auflehnung nicht länger gegen ihre
lokalen Gegner unterstützen würde. Auf der anderen Seite war die protestantische Oberschicht
der New English, die als treue Royalisten und militante Antikatholiken im festen Glauben an ihre
gesellschaftliche und ökonomische Sicherheit verankert war, mit einer anderen Bedrohung ihrer
Existenz konfrontiert, nämlich der Herausforderung der Monarchie durch das Parlament.
Krieg
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