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waren Schulen und Kollegien in Frankreich und Spanien, in Prag, Paris, Douai, Madrid,
Lissabon, Antwerpen und Rom ins Leben gerufen worden; sie wurden zum Teil sogar in
gälischer Sprache geführt. Doch der irische Katholizismus in Europa wurzelte in der tiefen
Religiosität des Heimatlandes. Die Einführung der Reformation in Irland, für die George Browne,
Erzbischof von Dublin zwischen 1536 und 1554, maßgeblich verantwortlich war, folgte dagegen
komplizierten politischen Interessen. Temporär erfolgreich war sie nur in einigen Diözesen wie
Dublin und Meath sowie im Pale, ansonsten begegnete ihr passiver Widerstand in der breiten
Bevölkerung bzw. eine aktive Gegenbewegung seitens der Jesuiten.
Ein großes Hindernis für die Protestantisierung Irlands war die Armut. Nach englischem
Vorbild wurde 1537 eine Bestandsaufnahme des Kirchenbesitzes unter dem Titel Valor
Beneficiorum Ecclesiasticorum in Hibernia unternommen. Reformen sollten auch von der
wirtschaftlichen Lage der Kirche abhängig gemacht werden, die sich jedoch angesichts der
Verstaatlichung der Klöster kaum verbessern konnte. Wie das Valor zeigte, waren die irischen
Gemeinden im Vergleich zu schottischen und englischen sehr viel ärmer, und die Pfarreien
betreuten großflächige und zerstreute Siedlungen. Zu den praktischen Schwierigkeiten kam
hinzu, dass die wenigsten Gläubigen lesekundig waren und ihnen das für die Reformation so
zentrale geschriebene Bibelwort nur von einem äußerst kleinen schriftkundigen Klerus vermittelt
werden sollte. Das Vorhaben scheiterte schon an dem Widerstand des Klerus gegen die
Umverteilung der kirchlichen Benefizien.
Der Act of Uniformity von 1560, dem zufolge allen Gottesdiensten das Book of Common
Prayer , das Gebetbuch der Anglikanischen Kirche, zugrunde gelegt werden musste und der die
spirituelle Oberhoheit der Krone über Irland bestätigte, hatte lediglich rhetorische Wirkung. In
der Praxis blieb der römische Katholizismus selbst unter Elisabeth I. so stark, dass ihm sogar die
zeitweise Unterdrückung und die Auflösung von über 400 Klöstern keinen ernsthaften Schaden
zufügen konnten. Im Gegenteil, das generelle Wiederaufblühen des religiösen Lebens, das an
mittelalterliche Frömmigkeit erinnerte, schlug sich nicht zuletzt in einem immer vielfältigeren
Angebot nieder, dem die Uniformität des Anglikanismus politisch nichts entgegenzusetzen hatte.
Die aus Schottland eingewanderten Presbyterianer bildeten bei weitem die stärkste Gruppe unter
denjenigen, die die Autorität der Staatskirche nicht anerkannten. Auch Quäker, Baptisten,
Hugenotten und Methodisten gehörten dazu - sie waren im weitesten Sinne Splittergruppen,
partiell durch Mischehen absorbiert, aber gesellschaftlich nicht unbedeutend. Die Hugenotten
z.B. wurden wegen ihrer Kenntnisse im Weben und in der Leinenmanufaktur geschätzt.
Insgesamt führten die Spannungen zwischen Religion und politischer Autorität dazu, dass auch
die kirchliche Zentralverwaltung, wie sie sich in England und im kontinentalen Europa
durchsetzte, in Irland auf stärkeren Widerstand stieß. Dazu trug bei, dass die Mehrheit der
Bevölkerung nur Gälisch sprach und die englische Herrschaft, wenn überhaupt, lediglich indirekt
wahrnahm, weil sie von unzähligen lokalen Kleinfürsten regiert wurde.
In diesem Zusammenhang spielten die «Altengländer» eine interessante Rolle. Offen
hinterfragten sie das in weiten Teilen Europas geltende Prinzip, dass der Monarch in geistlichen
wie weltlichen Fragen gleichermaßen die Oberhoheit besitze. Sie setzten dem entgegen, dass die
politische Loyalität, die sie für England empfanden, sie nicht zwangsläufig auch in religiösen
Angelegenheiten an die Krone binde. Dahinter verbarg sich auch Kritik an den anglikanischen
Vertretern des Königs in Dublin: Diese könnten sich nicht wirklich für das Wohl Irlands
einsetzen, weil sie mit der katholischen Bevölkerung nichts gemein hätten. Vielmehr verteidigten
die Vizekönige die strenge Strafgesetzgebung gegen die Katholiken, provozierten damit
Aufstände und rechtfertigten den Einsatz des Militärs. Herausragende Statthalter der Krone
waren Thomas Radcliffe, Earl of Sussex, und Sir Henry Sidney, die beide die gleichen
enttäuschenden Erfahrungen eines jeden Gesandten in der Peripherie machen mussten: Sie
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