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gefügt. Ölschiefer- und Torfabbau,
Urangewinnung und Zementherstel-
lung hinterließen trostlose Mondland-
schaften. Nur langsam erholt sich die
gebeutelte Natur von der massiven
Ausbeutung während der sowjeti-
schen Herrschaft.
Andererseits zeichnet sich der
300 Kilometer lange Küstenstreifen
am Finnischen Meerbusen durch bis
zu 55 Meter hohe Steilküsten - der
Baltischen Glint -, einsame Buchten
und dichte Wälder aus. Vor der Küste
liegen 74 kleine Inseln. Die Eiszeit hat
eine sanfte Moränenlandschaft hinter-
lassen, die einige unerwartete Schätze
birgt. Im Landkreis Ida-Virumaa, ganz
im Nordosten Estlands, breiten sich
über weite Strecken Wälder, Seen
und Hochmoore aus. Mittendrin liegt
ein einsames russisch-orthodoxes Klos-
ter, das einem Märchen entsprungen
zu sein scheint.
In Rakvere wartet die Ruine einer
stattlichen Burg auf Besucher, wäh-
rend sich kurz vor der russischen
Grenze, im alten Kurort Narva-Jõe-
suu mit seinen Sandstränden und Kie-
fernwäldern, Spa-Hotels aneinander-
reihen, die hoffen, an die ruhmreiche
Vergangenheit als Kurort wieder an-
knüpfen zu können. In Narva, der öst-
lichsten Stadt des Landes, endet die
Europäische Union. Die stattliche Her-
mannsfestung und ihr auf der russi-
schen Seite des Flusses Narva liegen-
des Pendant, die Burg Ivangorod, mar-
kieren die Außengrenze der EU.
Die Reise in den Nordosten Estlands
beginnt beim Nationalpark Lahemaa,
der sich - nur 50 Kilometer von Tallinn
entfernt - in den Landkreisen Harju-
maa und Lääne-Virumaa befindet. Ein
Besuch des Gebietes gehört wohl zu
den Höhepunkten einer jeden Estland-
reise. Hier hat sich die typische nord-
estnische Landschaft im Urzustand be-
wahrt, was auch dadurch begründet
ist, dass an der Küste die Außengren-
ze der ehemaligen Sowjetunion verlief
und die Gegend als militärisches
Sperrgebiet jahrzehntelang so gut wie
keinen menschlichen Einflüssen ausge-
setzt war. Der Nationalpark wartet mit
einsamen Buchten, Moorlandschaf-
ten, ausgedehnten Wäldern, Fischer-
dörfchen und Herrenhäusern auf.
Letztere wurden sorgfältig renoviert
und gehören zu den herausragendsten
Zeugnissen der deutsch-baltischen
Geschichte in Estland.
Das daran anschließende Gebiet,
das historische Wierland, das heute in
einen West- (Lääne-Virumaa) und ei-
nen Ostteil (Ida-Virumaa) unterteilt ist,
gilt hingegen als kontrastreichster Teil
des Landes. Einerseits lassen sich Um-
welt- und architektonische Sünden aus
Sowjetzeiten nicht leugnen. Industrie-
ruinen und verfallene Häuser um die
Stadt Kohtla-Järve sind alles andere
als schöne Anblicke. Wegen der teil-
weise hohen Arbeitslosigkeit und des
Alkoholismus gilt die Gegend als so-
zialer Brennpunkt. Die Fabriken und
Industrieanlagen im Osten haben Um-
welt und Natur schweren Schaden zu-
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