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An der Harju-Straße
Etwas weiter kreuzt die Harju-Straße
die Müürivahe. Auch hier stand im
Mittelalter ein großes Stadttor, die
Harju-Pforte, von der indes nichts
mehr zu sehen ist. Errichtet im
14. Jahrhundert, verband sie die Stadt
mit dem Landkreis Harjumaa. Die Zeit
überdauert hat jedoch die Geschichte
jenes Mannes, der an dieser Stelle hin-
gerichtet wurde: Johann von Üexküll ,
der am 7. Mai 1535 genau zwischen
den zwei Außentoren der Pforte den
Tod fand. Die Hinrichtung des Adligen
durch den Rat der Stadt führte zu ei-
nem erbitterten Streit zwischen der
Stadt und der Ritterschaft in Harju-
maa, sodass das Tor von 1538 bis 1767
geschlossen blieb. Abgetragen wurde
es 1875.
Bereits von hier öffnet sich der Blick
auf eine der ältesten Kirchen Tallinns,
die Nikolaikirche, auf den Wachturm
„Kiek in de Kök“ sowie die Zwiebeltür-
me der Aleksander-Nevski-Kathedrale,
die schon auf dem Domberg liegt.
Die Ruinen entlang der Harju-Stra-
ße sind eine Hinterlassenschaft des
Zweiten Weltkriegs. Am 9./10. März
1944 wurden die Häuser, die hier
einstmals standen, durch Luftangriffe
sowjetischer Flieger zerstört. Seit Jah-
ren überlegt die Stadt, wie mit diesem
Gebiet umzugehen ist. Während man-
che Bürger die Ruinen als eine Art
Mahnmal behalten wollen, möchten
andere das Gebiet wieder bebauen.
Kaufleute, die Anfang des 13. Jahrhun-
derts über Gotland nach Tallinn ge-
kommen waren, eine Kirche bauten,
die sie dem Schutzpatron der Seefah-
rer und Kaufleute widmeten, dem hei-
ligen Nikolaus . Die spätgotische Stein-
kirche wurde, wie auch andere Got-
teshäuser im Ostseeraum, als Wehr-
und Speichergebäude genutzt. Da
zur Zeit ihrer Erbauung noch keine
schützende Mauer die Unterstadt um-
gab, fiel der Turm mächtig und hoch
aus. Der Dachspeicher diente dazu,
Waren zu lagern.
Im 15. Jahrhundert fing man an, die
Kirche zur Basilika umzubauen. Es
heißt, sie sei die einzige Kirche der
Unterstadt, die während des Bilder-
sturms in der Reformationszeit unver-
sehrt blieb, weil der Kirchenvorsteher
Zinn in die Schlösser goss, um eine
Stürmung zu verhindern.
Bis zum Zweiten Weltkrieg nutzte
die deutsche Gemeinde das Gottes-
haus, das 1944 bei einem Bombenan-
griff der Sowjetarmee stark beschädigt
wurde. Fast das ganze Viertel um die
Kirche wurde dabei zerstört. 1982 fiel
sie einem Brand zum Opfer. Bis dahin
hatte das Gebäude als Ausstellungs-
und Konzertsaal gedient.
Nach einer erneuten Restaurierung
dient die Nikolaikirche heute als
Zweigstelle des Estnischen Kunstmu-
seums. Herausragende Exponate sind
der kostbare ehemalige Hauptaltar der
Kirche, der 1482 vom Lübecker Meis-
ter Hermen Rode mit bemalten Holz-
skulpturen versehen wurde, ein Frag-
ment des „Totentanz“ von Bernd Not-
ke aus Lübeck sowie eine historische
Nikolaikirche
Angesichts der Tallinner Hansetradi-
tion erstaunt es nicht, dass deutsche
 
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