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rungen etwa nach der Annullierung
des Hitler-Stalin-Paktes machten sie
ihrem Unmut Luft, dabei schwenkten
sie die damals verbotene blau-schwarz-
weiße Fahne. Beim letzten Sängerfest
unter Sowjetbesatzung 1990 zeigten
gar 300.000 Esten den sowjetischen
Herrschern die Stirn und Gustav Erne-
saks dirigierte die verbotene estnische
Nationalhymne.
Bis heute findet das Großereignis al-
le fünf Jahre statt und lockt große Teile
der Bevölkerung an. Am letzten Sän-
gerfest 2004 nahmen 935 Chöre und
396 Tanzgruppen teil, das nächste
wird 2009 stattfinden. Auch in den
baltischen Nachbarländern haben
Sängerfeste eine lange Tradition, des-
halb wurden die Ereignisse im Jahr
2003 von der UNESCO zum „mündli-
chen Kulturerbe“ erklärt. Eingeläutet
wird das Ereignis in Tallinn von einem
großen Festumzug, bei dem die in
Trachten gekleideten Sänger und Tän-
zer von der Innenstadt bis zur Sänger-
bühne ziehen.
So verwundert es nicht, dass so gut
wie jeder Este in einem Chor singt, oft
sogar in mehreren. Über 300.000 Blät-
ter mit Volksliedern werden im estni-
schen Literaturmuseum aufbewahrt,
die meisten handeln vom harten All-
tag, von Sorgen und Hoffnungen,
wichtigen historischen Ereignissen und
natürlich auch von der Liebe. Konzerte
und andere Musikaufführungen, auch
moderne Stücke, werden rege be-
sucht. Estnische Chöre haben auch im
Ausland einen hervorragenden Ruf.
Zwar muss man als Urlauber nicht da-
mit rechnen, bei der Reise durch das
Land ständig auf singende Menschen
zu treffen, doch mit etwas Glück kann
man im Sommer bei einem der vielen
Feste oder in einem der Museen eine
Folkloregruppe oder einen Chor an-
treffen, der traditionelle Lieder singt
und einen der vielen schönen Volks-
tänze aufführt. Sehr empfehlenswert
ist das im Sommer abgehaltene Tradi-
tionsmusikfestival in Viljandi.
Das neben Weihnachten wohl wich-
tigste und beliebteste Fest Estlands ist
das Mittsommerfest, das den Johan-
nistag (auf Estnisch: Jaanipäev) einläu-
tet. Wie auch in anderen nordischen
Ländern feiern die Esten in der Nacht
vom 23. zum 24. Juni ein fröhliches
Fest, das mit zahlreichen Traditionen
und Bräuchen verbunden ist (siehe Ex-
kurs im Kapitel „Reisetipps A-Z“).
Trachten
Überhaupt sind es Feste, die viele
estnische Traditionen auch für den
Touristen sichtbar machen. Sie sind
Anlass, die vielen schönen Trachten
der Esten ans Tageslicht zu bringen.
Die bunten Röcke, langen Stoffgürtel
und bestickten Blusen der Frauen vari-
ieren von Landkreis zu Landkreis. Eini-
ge davon sind besonders auffällig wie
die Tracht der Seto, die für ihren rei-
chen Silberschmuck und die großen,
schildähnlichen Broschen auf der
Brust bekannt sind, oder die hübsche
Kleidung der Frauen von der Insel
Muhu, deren Strümpfe und Schuhe
von bunten Blumen geziert sind. Klas-
sische Muster werden von jungen est-
nischen Designern auch heute noch in
 
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