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Judentum in Portugal
Erste Belege für jüdisches Leben in Portugal gibt es bereits aus den Zeiten
des Westgotenreichs im 5.Jh. Die Juden werden hier wie ihre Glaubens-
brüder aus dem Mittelmeerraum Sepharden genannt. Bis zum Vertrei-
bungsdekret von 1496 unter König
Manuel I.
übten die jüdischen Ge-
meinschaften einen
entscheidenden Einfluss auf die portugiesische
Kultur
aus. Viele von ihnen waren wesentlich an der finanziellen und wis-
senschaftlichen Unterstützung der Entdeckungsfahrten beteiligt und ar-
beiteten eng mit
Heinrich dem Seefahrer
zusammen. Jüdische Händler,
Wissenschaftler, Schriftsteller und Philosophen trugen dazu bei, die lusita-
nische Sprache in die Welt hinauszutragen. In vielen Städten und Ge-
meinden gab es
Judiarias
genannte Stadtteile, in denen hauptsächlich jü-
dische Familien lebten. Covilhã, Trancoso, Gouveia, Belmonte, Monsanto
und Penamacor waren die wichtigsten jüdischen Gemeinden im Zentrum
des Landes, im Süden waren Castelo de Vide, Faro und Óbidos die Hei-
mat zahlreicher jüdischer Familien.
Belmonte im Landesinnern der Serra da Estrela ist bis heute die einzig
existierende
krypto-jüdische Gemeinde
der Iberischen Halbinsel. Krypto-
Juden waren zum Christentum konvertierte Juden, die aber ihren jüdi-
schen Glauben im Verborgenen weiter praktizierten. Über Jahrhunderte
hinweg wurden hier geheime Rituale gelebt und weitervererbt. In den letz-
ten Jahren wurde Belmonte für den Export von koscheren Weinen und
Speisen bekannt. Derzeit leben 200 Nachkommen der ursprünglichen jü-
dischen Gemeinde aus dem 13.Jh. in Belmonte. Seit 1996 gibt es wieder
eine Synagoge mit einem Rabbiner. Die Juden überlebten zahlreiche Ver-
folgungen durch die Katholische Kirche, die Inquisition und Zwangstaufen.
Viele Juden mussten unter
Manuel I.
das Land verlassen oder als soge-
nannte Neuchristen zum Christentum konvertieren. Die Haustüren der
Novos Cristãos
in den Judenvierteln
(Judiarias)
wurden mit Kreuzen mar-
kiert, wovon viele noch heute erhalten sind. Mit dem neuen Glauben kam
es auch zu Namensänderungen. Einige Nachnamen mit Tier-, Baum- oder
Pflanzenbezeichnungen lassen sich heute noch jüdischen Familien zuord-
nen. Typische portugiesische Namen jüdischen Ursprungs sind beispiels-
weise
Nogueira
= Nussbaum,
Oliveira
= Olivenbaum,
Coelho
= Hase,
Ca-
brito
= Zicklein,
Pinto
= Küken,
Pereira
= Birnbaum oder
Silva
= Wald.
Zur Zeit der Naziherrschaft in Deutschland
flüchteten verfolgte Juden
nach Portugal,
um von dort aus weiter in die USA oder andere Zielländer
auszureisen, darunter z.B. auch die deutsche Philosophin
Hannah Arendt.
Lissabon war nach der Kapitulation Frankreichs das letzte „freie Tor“ in die
nicht-europäische Welt. Die Politflüchtlinge wurden unter
Salazar
zwar ge-