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Die Einwohner sehen sich in erster Linie als Madeirenser, erst danach als
Portugiesen. Mit dem Mutterland steht der egozentrische
Jardim
meistens
auf Kriegsfuß, obwohl die Insel trotz Tourismuseinnahmen auf finanzielle
Unterstützung aus Lissabon angewiesen ist. Im Februar 2007 trat er aus
Protest gegen ein neues Lissabonner Finanzierungsgesetz zurück und
setzte Neuwahlen an - die er wieder haushoch gewann. Dies war haupt-
sächlich als Provokation für den sozialistischen Premierminister
José So-
crates
gedacht, der dem madeirensischen Regierungschef bekennend kri-
tisch gegenübersteht. Zwar werden
Jardim
die wirtschaftliche Entwicklung
und wesentliche Verbesserungen der Infrastruktur Madeiras zugerechnet,
doch leben im Inselinneren
viele Menschen in Armut.
Statistiken spre-
chen von 15 Prozent der Inselbevölkerung, die von Armut betroffen sind.
Camara de Lobos beispielsweise, ein kleiner Fischerort im Westen der In-
sel, ist eine der ärmsten Gemeinden Portugals. Für die Kontinentalportu-
giesen ist ein Urlaub auf Madeira dennoch oft teurer als eine Reise in den
Norden Brasiliens oder nach Cuba.
Die Dauerrivalen: Lissabon und Porto
„Lissabon gibt das Geld aus, das Porto verdient“, spöttelt ein altes Sprich-
wort, das die Einwohner Portos auch heute noch gern verwenden. Es zielt
auf die aufgeblasenen Verwaltungsbehörden in Lissabon ab, die lange
Zeit als unwirtschaftlich, bürokratisch und ineffizient galten, und dies zu
weiten Teilen auch heute noch sind. Porto dagegen war das geschäftige
Handelszentrum mit den finanzstärksten Banken, florierendsten Industrien
und erfolgreichsten Mittelstandsbetrieben. Auch künstlerisch und archi-
tektonisch hatte Porto lange Zeit die Nase vorn. Die bedeutendsten Ar-
chitekten Portugals stammen aus Porto, wie
Álvaro Siza Vieira
oder
Fer-
nando Tavora.
Letzterer gründete die bekannte Architektenschule Portos,
aus der berühmte Projekte für das ganze Land entstanden.
Ganz so schwarz-weiß zeigt sich das Bild heute nicht mehr. Dennoch
sind die beiden einzigen Metropolen Portugals so unterschiedlich wie sie
es nur sein können. Die Landeshauptstadt
Lissabon
liegt am Mündungs-
delta des Tejo und hat derzeit knapp 500.000 Einwohner. In ihrem Ein-
zugsbereich leben an die 2,8 Millionen Menschen. Die Hauptstadt hat in
den letzten Jahrzehnten einen
dramatischen Einwohnerrückgang
erlebt.
1981 gab es laut nationalem Statistikinstitut
(Instituto Nacional de Estatis-
tica)
noch 807.937 Lissabonner. Die hohen Wohnkosten treiben junge Fa-
milien und Vertreter der Mittelschicht in die umliegenden kleineren Bal-
lungsstädte. Die historischen Stadtviertel Lissabons, wo meist ältere Men-
schen leben, verwaisen allmählich. Gleichzeitig stieg die Zahl der Woh-