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und auch den Behörden zu schaffen. Erst in der letzten Zeit wird versucht,
mithilfe von Sozialarbeitern und individualisierten Projekten dem Problem
der Gettoisierung und gesellschaftlichen Ausgrenzung beizukommen. Seit
einigen Jahren ist zudem ein Rückgang der Einwanderungszahlen von
Afrikanern aus Portugiesisch sprechenden Ländern, die traditionell die
größte Immigrantengruppe bildeten, zu verzeichnen.
„Brasileiros“
Brasilianer sind seit Kurzem die zahlenmäßig größte Einwanderungsgrup-
pe in Portugal. Im Jahr 2008 waren laut der portugiesischen Ausländer-
und Grenzbehörde insgesamt 440.277 Immigranten legal gemeldet. Da-
von waren 100.000 Brasilianer, zweit- und drittgrößte Gruppe sind Ein-
wanderer aus Kap Verde und der Ukraine.
Viele Portugiesen sprechen, wenn es um die Brasilianer geht, gern von
einer Art Vater-Sohn-Beziehung oder auch vom país irmão, dem Bruder-
land. Schließlich seien doch fast alle Brasilianer Kinder des Kolonial-
reichs. Viele der brasilianischen Einwanderer haben daher auch einen
portugiesischen oder anderen europäischen Pass. Sie stammen aus allen
Regionen, aus allen Gesellschaftsschichten und aus allen Berufszweigen
Brasiliens: Von den viel diskutierten dentistas, die den einheimischen
Zahnarztkollegen angeblich die Patienten streitig machten, bis zu Service-
kräften in Gastronomie und Hotellerie und den umstrittenen meninas, die
in Portugals Bordellen arbeiten bzw. arbeiten müssen.
Der kulturelle Abstand zwischen Brasilianern und Portugiesen ist
trotz langer Kolonialgeschichte groß. Das liegt auch daran, dass sich in
Brasilien im Laufe der Zeit diverse Einwanderungsgruppen und Kulturen
mischten und man sich recht bald vom rein portugiesischen Einfluss löste.
Trotz gemeinsamer Sprache und trotz - oder vielleicht gerade wegen -
der gemeinsamen Geschichte. Fast könnte man schon von gegenseitiger
Hassliebe sprechen. Einerseits ist man sich schon aufgrund von Verwandt-
schaftsverhältnissen nahe, andererseits kann man jeweils mit der anderen
Mentalität wenig anfangen. Die Portugiesen ihrerseits sind gleichermaßen
fasziniert wie neidisch auf die lebensfrohen, temperamentvollen Brasilia-
ner. Die wiederum dagegen halten die Portugiesen für langweilig und
grob, außerdem seien sie ständig am Jammern, obwohl sie doch im rei-
chen Europa leben. Zwar integrieren sich die meisten brasilianischen Im-
Brasilianischer Musiker und Immigrant: Oséas Melo
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