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Gegensatz zu den chaotischen Verhältnissen im Land stand. Womöglich
war er der „starke Mann“, nach dem sich das von politischen Wirren ge-
beutelte Volk gesehnt hatte. Er verkündete öffentlich seine Abneigung ge-
gen die Demokratie. Sein Weltbild war geprägtvon „Deus e Patria“(Gott
und Vaterland) und „Trabalho e Familia“ (Arbeit und Familie), das Ganze
getragen von der in seinen Augen nötigen Autorität. Dabei bezog er sich
gernaufdiemachtpolitischenManifestedesitalienischenPhilosophenMa-
chiavelli.
Der Geiz brachte Salazar letztendlich im wahrsten Sinne des Wortes zu
Fall.AlserimJahr1968aufseinemalten,mitSegeltuchbespanntenStuhl
saß, riss der Stoff und der Diktator fiel so unglücklich auf den Kopf, dass
ereinigeTagespätereinenHirnschlagerlitt.ZweilangeJahrenochwurde
eineFarceaufrechterhalten,dieglaubenließ,erhätteimmernochdieZü-
gel in der Hand. Selbst seine langjährige Haushälterin spielte laut Auf-
zeichnungen das Spiel mit. Der Tod des portugiesischen Regenten am 27.
Juli1970wurdevonvielenPortugiesenbeweint,vondenanderengefeiert.
Salazar ist und bleibt eine umstrittene Persönlichkeit im eigenen Land.
Immer wieder wird versucht, seine menschlichen Seiten hervorzuheben.
Undoftsiehtmaninihm,imVergleichzumNationalsozialismusoderden
anderentotalitäreneuropäischenStaatsystemendieserZeit,dasgeringere
Übel. Seine Ziehtochter Maria de Conceição Rita, von ihm „Micas“ ge-
nannt, veröffentlichte im Jahr 2007 ein Buch mit dem Titel „Os meus 35
anos com Salazar“ - „Meine 35 Jahre mit Salazar“. Darin beschreibt sie
den „Senhor Doutor“ als fürsorglichen liebevollen Familienvater. Demge-
genüber stehen die Morde und Verhaftungen politischer Gegner und die
unzähligen Opfer des Salazar-Regimes, ganz abgesehen von dem trauma-
tischen Erbe, das er Portugal aufbürdete.
die drei „F“ ein: Fado (nur portugiesische Musik), Fátima (Religion und
Gottesfürchtigkeit), Fußball (Nationalstolz und „Opium fürs Volk“).
Salazar gab den einfachen Menschen ein Gefühl von Sicherheit, gleich-
zeitig steuerte er Portugal in eine wirtschaftliche und politische Isola-
tion. Orgulhosamente só - „Voll Stolz allein“ - wurde zum nationalen
Motto. Das Volk sollte bewusst abgeschottet werden, um schädliche Ein-
flüsse von „außen“ zu vermeiden. Ein anderer Propagandaspruch lautete:
Tudo para a nação, nada contra a nação. - „Alles für die Nation, nichts ge-
gen die Nation.“ Und um die Landbevölkerung auf Kurs zu halten, schürte
Salazar falsches Selbstvertrauen, d.h., er schwor die Bevölkerung auf die
Illusion einer Wirtschaftspotenz ein, die fern jeglicher Realität lag. Der Sa-
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