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Mit den beträchtlichen Einnahmen aus dem Menschenhandel finanzier-
te das Königreich seine kostspieligen Expeditionsfahrten. Papst Nicolaus V.
erteilte dem Sklavenhandel in Portugal und Spanien 1454 den christli-
chen Segen mit der Rechtfertigung der Missionierung der heidnischen
Völker. Im Namen des Evangeliums wurden afrikanische Männer, Frauen
und Kinder in ihrer Heimat auf barbarische Weise eingefangen, wie Vieh
auf die Karavellen verfrachtet und auf öffentlichen Märkten in Portugal
und später auch in Brasilien verkauft.
Die brasilianischen Indios waren nach Ansicht der Kolonialherren als
Sklaven nicht brauchbar, denn sie blieben in ihrem natürlichen Umfeld
und konnten leicht in die Urwälder flüchten. Zudem starben viele durch
von den Europäern eingeschleppte Krankheiten, auf die ihr Immunsystem
nicht vorbereitet war. Sie waren weder vom Körperbau noch von ihrem
stolzen Wesen her für Feldarbeit geeignet. Selbst Papst Nicolaus riet dazu,
„das zarte Wesen“ der Indianer zu schonen. Diejenigen, die nicht an
Krankheiten starben, wurden von den Bandeirantes (portugiesische Aus-
kundschafter) niedergemetzelt. Der Großteil der indigenen Bevölkerung
Brasiliens wurde während der portugiesischen Kolonialisierung ausge-
löscht. Das heißt, man benötigte für die boomenden Zuckerrohr-, Kakao-
und Baumwollplantagen schnell alternative Arbeitskräfte, die daraufhin
aus Afrika eingeschifft wurden.
In der portugiesischen Geschichte wird dieser Aspekt der Entdecker-
epoche häufig damit relativiert, dass die Spanier viel brutaler mit Afrika-
nern und Indios verfahren seien, genannt sei nur der berüchtigte brutale
Inka-Eroberer und Peru-Entdecker Francisco Pizarro. Die propagierte Vor-
stellung von den „sanften portugiesischen Kolonialherren“ ist jedoch
größtenteils ein Mythos und liegt in der romantisch verklärten Realitäts-
verweigerung der meisten Portugiesen begründet. Demgegenüber steht
ein altes Zitat der Eingeborenen aus den afrikanischen Kolonien Portugals:
„Gott hat die Weißen und die Schwarzen erfunden. Die Portugiesen aber,
die hat der Teufel erfunden.“
Ein portugiesisches Sprichwort, das in Brasilien jedes Kind kennt, heißt
dagegen: „Gott hat die Weißen, Schwarzen und Indios geschaffen, die
Portugiesen schufen die Mischlinge.“ Gern bezeichnen sich die Portugie-
sen im Zusammenhang mit ihrer Kolonialgeschichte als die „Erfinder“ der
mestiços (Mischlinge), da sie im Gegensatz zu den Spaniern die Eingebo-
renen nicht töteten, sondern sich mit ihnen vermischten. Die Bevölkerung
Brasiliens ist das Resultat dieses Kulturencocktails. Doch auch die Ge-
schichte der portugiesischen Kolonialzeit war überwiegend geprägt von
Gewalt und Menschenrechtsverletzungen. Kaum eine Kolonialmacht
steht hier besser da als die andere.
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