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nichtportugiesischen Experten, die im Land leben. Journalisten, Medien-
leute und politische Analysten geben ihre Sicht als Fremder in Portugal
zum Besten.
Der Einfluss der Medien, vor allem der Fernsehanstalten, hat in den letz-
ten zehn Jahren enorm zugenommen. Der Direktor eines privaten Fern-
sehsenders meinte vor Kurzem: „Wir können Wahlen entscheiden und wir
können Politiker stürzen.“ Wenn man sich bewusst macht, dass es zu Zei-
ten der Diktatur über vierzig Jahre lang nur eine vom Staat herausgegebe-
ne Tageszeitung gab, ist die heutigeMedienvielfalt eine demokratische
Revolution. Dennoch sind die meisten Tageszeitungen, Verlage und priva-
ten Fernsehanstalten Portugals direkt oder indirekt mit der rechtsgerichte-
ten PSD verknüpft. Ein politisches Gleichgewicht ist in der Medienland-
schaft nicht zu finden. Die Politiker nutzen die Medienpräsenz gezielt für
ihre Zwecke. Gegenseitig wirft man sich Machtmissbrauch vor. Die Jour-
nalisten klagen über angebliche politische Einflussnahme, die Politiker be-
schweren sich über mediale Verleumdungskampagnen. Um einen guten
Aufmacher zu garantieren, verletzen portugiesische Journalisten schon
mal das gesetzlich festgelegte Justizgeheimnis, wie kürzlich mehrfach ge-
schehen.
„Comentadores“-Meinungsmacher
In den portugiesischen Medien nehmen Meinungsmacher eine wichtige
Rolle ein. Kein Radio- oder Fernsehsender kommt ohne einen meist männ-
lichen Expertenkreis aus. Mehrheitlich sind dies Politiker und Journalisten.
Politologen oder Politikwissenschaftler kommen dagegen kaum zu Wort.
Die Portugiesen verfolgen diese Kommentare sehr aufmerksam.
Im ersten öffentlich-rechtlichen Fernsehkanal RTP 1 kommentierte bis
Februar 2010 MarceloRebelodeSousa. Der 61-Jährige ist Juraprofessor
und war von 1996 bis 1999 Vorsitzender der PSD. Er analysiert alles und
alle im politischen Geschehen und seine Ansicht fällt durchaus ins Ge-
wicht. Rebelo de Sousa gehört zur Bildungselite des Landes und ist auch
kulturell unbestritten ein kompetenter Kopf. Seine Meinungsäußerungen
wurden ihm im Jahr 2004 beinah selbst zum Verhängnis. Damals kritisier-
te er im Privatkanal TVI den designierten Premierminister Santana Lopes,
obwohl dieser der gleichen Partei wie er selbst angehört. RebelodeSousa
wurde vom Direktor des Senders aufgefordert, sich mit seinen Äußerun-
gen über SantanaLopes zurückzuhalten, woraufhin der Professor kündigte
und zum öffentlich-rechtlichen RTP1 wechselte. Der Fall löste einen Skan-
dal aus und die Medienzensur kam nicht gut an. Sein politisches Gegen-
stück ist der ehemalige EU-Abgeordnete und PS-Politiker AntónioVitori-
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