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PortugalunddieEU-
eineZweckverbindungmitgemischtenGefühlen
„Unser Bewusstsein von Europa ist merkwürdig:
Vielleicht ist uns nichts klar daran, während uns
doch eigentlich alles klar ist bei jeder einzelnen
Erfahrung.“
( Vasco Graça Moura, Poet und Politiker, zur „Portugiesischen Europa-
Diskussion der Gegenwart“, 2002)
Bis in die 1980er-Jahre war Europa in der Vorstellung der Portugiesen weit
weg. Wer die Grenze nach Spanien überschritt, reiste schon nach Europa.
Lá fora - „ dort draußen“ - sagt man auch heute noch, wenn es um die
Länder östlich des Flusses Guadiana geht. 1986 begann der politische und
wirtschaftliche Weg mit der Europäischen Gemeinschaft. Zusammen mit
Spanien reihte sich Portugal in den Kreis der Mitgliedsländer ein. Die
Hoffnungen waren groß.
Würde man das Ergebnis der Eingliederung in Kubikmetern von Beton
messen, so müsste man von einer rein positiven Erfolgsgeschichte spre-
chen. Verkrustete Infrastrukturen, fehlende oder schlechte Straßen, Auto-
bahnen und Brücken waren die als Priorität definierten Probleme. Dem-
entsprechend wurde gebaut, was der Betonmischer hergab. Das meiste
Geld aus den EU-Fonds allerdings floss nach Lissabon und in die Macht-
zentren. Investitionen in die Bereiche Bildungs- und Gesundheitswesen
wurden hingegen vernachlässigt.
Der 1923 in Guarda geborene portugiesische Essayist und Philosoph
Eduardo Lourenço veröffentlichte 1988 in seiner Wahlheimat Frankreich
eine Textsammlung unter dem Titel „Das unauffindbare Europa“. Darin
heißt es: „Im Unterschied zu manch anderen europäischen Kulturen ha-
ben wir in unserer Tradition keine dieser Menschen, die man in den drei-
ßiger Jahren und danach „große Europäer“ nannte […] Aber es darf ge-
wettet werden, dass Portugal in Kürze mit größter Selbstverständlichkeit
selbst ein ,großer Europäer' wird. Ein gerechter Ausgleich, denn dieses
kleine Volk, dass sich auf Wagnisse fern von Europa eingelassen hat, war
insofern das europäischste aller Völker.“
Zwei Jahrzehnte später können sich die Portugiesen sicherlich große Eu-
ropäer nennen, auch wenn der gerechte Ausgleich in der öffentlichen
Meinung nicht angekommen ist. Als zu starr und unbeweglich, manchmal
gar als bedrohlich werden die EU-Gremien empfunden. Eine Meinung, die
auch andere in Europa teilen. Dennoch hat sich Portugal immer für die
EUausgesprochen. 1992, 2000 und im ersten Halbjahr 2007 hatte es die
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