Travel Reference
In-Depth Information
ten“ mehr als eine nur räumliche, d. h. eigentlich gleichberechtigte Wertig-
keit gewinnen.
„Lästernde“ feministische Zungen werden behaupten, dass der männ-
liche Gott, der frei von Sinnlichkeit über der Erde schwebt, eine männliche
Neidreaktion und Schöpfung auf die so überwältigend reich ausgestattete
Erd- und Lebensnähe der Frau und Mutter bedeute. Letzterer gebühre in
Wahrheit der Vorzug, denn der Gott der Männer habe außer „Hirngebur-
ten“ (Ideen) und einer generellen Verachtung und Vergewaltigung der Er-
de nur wenig wirklich Fruchtbares zu bieten gehabt.
„Lästernde“ männlich-chauvinistische Zungen werden behaupten,
dass der weibliche Gott die Niederungen der chaotischen Körperwelt glo-
rifiziert, in der das Werden und Gebären kein Steigen, sondern nur ein
Kreisen kenne. Den religiösen oder (was auch nichts anderes ist) techni-
schen Fortschritt gebe es dagegen nur über die steigende, Grenzen über-
schreitende Idee, die Ordnung in das Chaos bringe. Und dies erkläre und
rechtfertige zur Genüge, dass die Geschichte eben im wesentlichen von
Männern gestaltet und geschrieben worden sei.
Soviel zu den Tänzen der zwei Geschlechter, die (wohl nicht nur im Is-
lam) in zwei verschiedenen Räumen leben, zwei anscheinend konträren
Prinzipien huldigen (Materie vs. Idee) und sich selbst in zwei völlig ver-
schiedenen Harmonien ausdrücken. Vielleicht sind Mann und Frau ja
tatsächlich span nungsgeladene „kosmische Kräfte“, zwischen denen die
ewige Differenz das dynamisch Konstante ist. Die eine mag nach unten,
die andere nach oben weisen oder streben: Zusammenleben müssen sie
doch. Sodass sich nur die Frage stellt: Wer beherrscht wen? Oder: Wer
herrscht wo? Eine Frage, der wir später (siehe Kapitel „Zentrale Kategorien
der kulturellen Identität“) noch weiter nachgehen werden.
Der Kemalismus
Mustafa Kemal Atatürk wollte die „orientalische“ Mentalität bis zuletzt
bekämpfen, und sei sie auch nur noch in einer einzigen Person verkörpert.
(Nilüfer Göle) 23)
Wem sollen wir zuhören: Gott oder Atatürk, dem Banditen?
(Ayatolah Chomeini) 24)
Atatürk ist überall. In Schulgebäuden, Touristenämtern, Busstationen,
Restaurants und auf öffentlichen Hauptplätzen: egal wo, man kann sicher
sein, sein Konterfei in Bild- oder Statuenform bewundern zu können. Und
Search WWH ::




Custom Search