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din aus Täbriz, jene mysteriöse Person, die als fast vergöttlichter „Gelieb-
ter“ das zukünftige Denken Rumis bestimmen sollte. Die geistige Schön-
heit des „Geliebten“ - die Beziehung soll durchaus „reiner“ Natur gewe-
sen sein - wird zur anregenden Stufenleiter der Gotteserfahrung, eine Lie-
besmystik, die schließlich in einer großen Unio Mystica, einer Vereinigung
der Seele mit Gott, gipfelt.
Obwohl Schemsuddin aufgrund neidischer Anfeindungen Konya
schließ lich wieder verließ (niemand weiß, wohin er verschwand), sollte
ihm im von Celalledin Rumi geschriebenen Mesnevi ein ewiges Denkmal
gesetzt werden. Dieses in persischer Sprache abgefasste Hauptwerk Ru-
mis, das als „Koran der Mevlevi“ eines der bedeutendsten Lehrwerke des
Sufismus darstellt, umfasst 26.000 Verse in Paarreim-Form, die sich immer
wieder zu dem göttlichen Geliebten aufschwingen und um ihn kreisen.
Womit auch bereits die entrückte Form und Bedeutung des welt-
berühmten Mevlevi-Tanzes angedeutet ist, der heute wieder am Todestag
des Meisters (am 17. 12; der „Brautnacht“) bewundert werden kann: Ge-
führt von der ney (Flöte) sowie mehreren Lauten und Trommeln, drehen
sich mehrere Derwische mit waagerecht ausgestreckten Armen in einem
wirbelnden Tanz um die eigene Achse, während sie - wie die Sterne die
Sonne - einen zentral postierten Tänzer umschweben, der sich in die Ge-
genrichtung dreht. So entsteht ein aus harmonischen Wirbeln gebildetes
himmlisches Sternenzelt, in dem die einzelnen „Sterne“ um das göttliche
Licht kreisen.
Die tanzenden Derwische tragen dunkelrote, sich nach oben verjün-
gende, zylindrische Filzmützen (die symbolisch als irdische Grabsteine
fungieren), sowie lange weiße Gewänder, die aus einer kurzen Jacke und
einem weiten Rock bestehen. Diese weißen Kleider werden am Anfang
des Tanzes durch einen schwarzen Überwurf bedeckt, der das irdische
Dasein symbolisiert. Er wird auf ein Zeichen des Scheichs abgestreift (der
irdische Tod), sodass die Tanzenden nun ganz in „reinem“, weit wallen-
dem Weiß erscheinen (das weiße Leichentuch als Symbol der himmli-
schen, geistigen Auferstehung nach dem irdischen Tod).
Während die eine Hand der Tanzenden nach oben, zum „Himmel“,
geöffnet ist, um von dort das göttliche Licht und die Liebe zu empfangen,
ist die andere Hand nach unten gedreht, um das von oben Empfangene
an die „Erde“ w eiterzugeben. Die Augen der Wirbelnden sind geschlos-
sen, um alle Äußerlichkeiten ausschalten und den inneren, mystischen
Blick auf Gott öffnen zu können. Auf dem Höhepunkt des Tanzes, der die
irdische „Entwerdung“ und den Weg zu Gott symbolisiert, sinken die Wir-
belnden auf den Boden und verharren bewegungslos in oft stundenlanger
Entrückung (Ekstase).
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