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Türkei, rund 50% aller westlichen Fernseher werden hier gebaut und nicht
wenige Küchengeräte, mit solch stattlichen Namen wie Bosch und Sie-
mens, werden auf türkischem Boden montiert. Das Haushaltsdefizit des
Landes fiel von 14% des BIP im Jahre 2003 auf 0,7% im Jahre 2006, die
stets notorisch hohe Inflationsrate lag unter 10%.
Aber auch am Bosporus zogen 2009 im Zuge der globalen Wirt-
schaftskrise dunkleWolkenauf:AlleinimerstenQuartaldesJahresbrach
dasBIP(Br uttoinlandsprodukt)umsageundschreibe13,8%einunddieLi-
ra geriet unter Druck. Erschwerend kommt hinzu, dass 2009 Auslands-
schulden von 50 Mrd. Dollar fällig werden und man sich nach wie vor ei-
ner Finanzierungslücke von ca. 15 Mrd. Dollar gegenübersieht. Das be-
deutet, dass Kreditverhandlungen mit dem ungeliebten IWF, dem
Internationalen Währungsfond, aufgenommen werden müssen und die
Regierung Erdo¤an die erst in den letzten Jahren wieder gewonnene Fi-
nanzhoheit erneut verteidigen muss.
Unbill droht dem Staat aber vor allem aus dem schwelenden Konflikt
zwischenkemalistischenRepräsentanten(allenvorandasMilitär)undder
jüngst so erfolgreichen islamisch-konservativen Regierung der AKP. Die
Kandidatur des AKP-Außenministers Gül für das Präsidentenamt im April
2007 zog prompt eine unverhohlene Putschdrohung des Generalstabs
nach sich: Nach einem „islamistischen“ Regierungschef (Erdo¤an) würde
nicht a uch noch ein mit ihm kooperierender, gleich gesinnter Präsident
geduldet. Die innenpolitische Krise führte zur Ansetzung von Neuwah-
len und zum Antrag der AKP, den Präsidenten künftig direkt vom Volk
(statt vom Parlament) wählen zu lassen. Darin spiegelt sich deutlich das
gestiegene Selbstbewusstsein der AKP, die Mehrheit der Bevölkerung
auch künftig auf ihrer Seite zu haben.
Im Juli 2007 errang die islamisch-konservative AKP einen eindrucksvol-
len Wahlsieg: Fast 47% der Wähler stimmten für die Fortsetzung der Re-
gierung Erdo¤an. Dies ermöglichte der AKP, im August 2007 im dritten
Wahlgang Abdullah Gül zum ersten islamisch-konservativen Staatspräsi-
denten zu wählen.
Als dann Erdo¤an über eine Verfassungsänderung versuchte, kopf-
tuchtragenden Studentinnen die Tore der Universität wieder zu öffnen,
kameserneutzurKrise.ImFebruar2008wurdedasVerbot,dieUnimitei-
nem Kopftuch zu betreten, durch die von Präsident Gül unterschriebene
Verfassungsänderung aufgehoben - Umfragen bestätigten, dass das
Gros der Bevölkerung diese Entscheidung guthieß. Aber die meist fest in
Das Kopftuch - ein Politikum
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