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das griechische „Mutterland“ (Enosis). Im Juli 1974 besetzten türkische
TruppendenNordenderInsel,waseinebisheutewährendeDe-facto-Tei-
lung Zyperns nach sich zog. (Die Türkische Republik Nordzypern erklärte
sich unter ihrem Präsidenten Rauf Denktasch 1983 für unabhängig, was
bisher lediglich von der Türkei anerkannt und unterstützt wird.) Die Ame-
rikaner, aufgerüttelt durch die empörten Griechen, verhängten nach der
Invasion1974(bis1978)einWaffenembargoüberdieTürkei.Diesemusste
folglich mit ihren knappen Devisen den Waffeneinkauf auf dem teuren
Weltmarkt tätigen - womit wir wieder bei den wirtschaftlichen Schwierig-
keiten wären.
DiebeidengroßenParteienunter Demirel und Ecevit musstenfürdieRe-
gierungsbildung Koalitionen mit kleinen, politisch extremen Parteien ein-
gehen. Vor allem die rechtsextreme MHP nutzte diese Plattform, um über
ihreabhängigenUnterorganisationen(„GraueWölfe“)EinflussaufdieBür-
gerzugewinnen.DaspolitischeKlimaverschlechtertesichzusehends:Lin-
ke und rechte Gruppen fochten blutige Straßenkämpfe miteinander aus,
an Universitäten, in Fabriken, ja selbst in Behörden wurde mit handgreifli-
chen Mitteln um die ideologische Führung gekämpft. Im Jahr 1980 schlug
derTerrorinfastschon bürgerkriegsähnliche Verhältnisse um,jedenTag
wurden zwischen 25 und 30 Menschen ermordet, und in 13 Provinzen
musste das Kriegsrecht, sprich der Notstand, ausgerufen werden. Als die
islamistischeNationaleHeilspartei(MSP)aufDemonstrationendieErrich-
tungeinerislamischenOrdnungforderte,wardasMaßfürdasMilitärvoll:
Am 12.9.1980 intervenierte die Armee als Gralshüter des Kemalismus
zum dritten Mal. Die Parteien wurden verboten, das Parlament und alle
politischenUnterorganisationenwieStudentenverbände,Gewerkschaften
usw. aufgelöst sowie 122.600 Personen verhaftet und durch Schnellge-
richteabgeurteilt.DerNationaleSicherheitsratunterGeneral Kenan Evren
ließ eine neue Verfassung ausarbeiten, die nun - anders als die von 1961
- die weitgehende Entpolitisierung der Gesellschaft zum Ziel hatte: Der
Beamten-undStudentenschaftwieauchallenVerbandsfunktionärenwur-
de die Zugehörigkeit zu politischen Parteien untersagt. Diese bis heute
letzte Intervention des türkischen Militärs hat in den vergangenen 20 Jah-
ren ein zwar labiles, aber im großen und ganzen erstaunlich anpassungs-
fähiges System entstehenlassen,dasdiepolitisch-kulturelleGrenzstellung
derTürkeinichtnurdemokratischausdrücken,sondern-jedenfallsbisher
- auch aushalten, ja teilweise bewusst erhalten konnte.
Die 1980er-Jahre wurden von dem Vorsitzenden der Mutterlandspartei
(Anavatan Partisi), Turgut Özal, vor allem zur Liberalisierung der Wirt-
schaft genutzt. Seine ökonomischen Erfolge, die allerdings wieder weit-
gehendandenkleinenLeutenvorbeigingen,zogenaucheinegewisseDe-
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