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NachdiesemgriechischenDesastergabenauchdiebefreundetenBriten
auf, nachdem vorher schon Italiener und Franzosen die von ihnen besetz-
ten Gebiete geräumt hatten. Kemal Pascha, der von der Nationalver-
sammlunginAnkaramitdemalten,unsschonbekannntenEhrentitel Gha-
si geehrt wurde, hatte einen glänzenden Sieg über die Westmächte er-
rungen. Der Lohn waren die Friedensbedingungen von Lausanne (1923),
in denen der Türkei die volle Souveränität über ganz Anatolien sowie das
europäische Thrakien zurückgegeben wurde.
Nachdem er das Haus außenpolitisch vor dem Einsturz bewahrt hatte,
konnte Mustafa Kemal mit der revolutionären Umgestaltung der „In-
neneinrichtung“ beginnen; und fast schien es so, als sollte das ganze alte
Interieur auf den Müllplatz der Geschichte fliegen. Noch vor dem Frieden
von Lausanne hatten die türkischen Nationalisten auf entsprechenden
Druck von Ghasi Mustafa Kemal für die Abschaffung des Sultanats ge-
stimmt (1.11.1922). Sultan Mehmed VI. (1918-1922) zog die Konsequen-
zenausdiesemfürihnsoungeheuerlichenAffront:NochimgleichenMo-
nat ließ er sich von einem britischen Kriegsschiff außer Landes bringen,
um in San Remo als Privatmann zu leben. Der letzte Spross aus dem Hau-
se Osman, Abdul Medschid, durfte sich nach gnädigem Nicken der Natio-
nalisten vorerst wenigstens noch als Kalif fühlen. Aber auch diese islami-
sche Integrationsfigur, die mittlerweile keinerlei weltliche Machtbefugnis
mehr hatte, war den „Westlern“ noch zu viel rückständige Vergangenheit.
Am 3.3.1924 sorgte Mustafa Kemal in recht grober Weise in der National-
versammlung dafür, dass auch der letzte osmanische Repräsentant der
VergangenheitseineKofferpackenmusste:Innerhalbvon48Stundenhat-
te Abdul Medschid das Land zu verlassen; das Kalifat, eine mehr als tau-
sendjährige Institution, existierte nicht mehr.
Nachdem er nun di e Osmanen in politischer wie religiöser Hinsicht be-
seitigt, sprich aus dem Haus gefegt hatte, trieb Kemal zügig den Aufbau
der neuen staatstragenden Säulen voran: Schon am 13.10.1923 wurde die
Hauptstadtoffiziellnach Ankara verlegt,woam29.10.1923ebensooffizi-
elldie Republik ausgerufenwurde.DererstePräsidentderRepublik-wer
anders als Mustafa Kemal - ernannte seinen langjährigen Mitstreiter Ismet
Inönü zum Premier, der sich auf die einzige zugelassene Partei, die Repu-
blikanische Volkspartei (CHP - Cumhuriyet Halk Partisi ) , stützte. Zwei
schüchterneVersuche,einMehrparteiensystemeinzuführen(1924,1930),
schienen Mustafa Kemal und seinen Mitstreitern denn doch zu viel demo-
kratisches Gefahrenpotenzial zu beinhalten, sodass die Experimente je-
weils nach wenigen Monaten - mit entsprechenden „Säuberungsaktio-
nen“-abgebrochenwurden.DieNationalversammlungbliebsozunächst
de facto die exklusive Präsentationsbühne der Republikanischen Volks-
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